1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Leserärger in Wittenberg: Leserärger in Wittenberg: 458 Euro für Parktickets in der Mittelstraße

Leserärger in Wittenberg Leserärger in Wittenberg: 458 Euro für Parktickets in der Mittelstraße

Von Irina Steinmann 04.06.2019, 12:32
Parken in der Mittelstraße funktioniert nur mit Parkschein - wie in diesem Bereich - oder mit Parkscheibe. Das gilt auch für Anwohner.
Parken in der Mittelstraße funktioniert nur mit Parkschein - wie in diesem Bereich - oder mit Parkscheibe. Das gilt auch für Anwohner. Thomas Klitzsch

Wittenberg - 458 Euro hat Rostislava Grigorova Todorova eigenen Angaben zufolge seit dessen Einführung in den Parkautomaten der Mittelstraße gesteckt, eine ganz schön hohe Summe allein das, doch als kürzlich zu den zahllosen Park-Tickets auch noch ein Straf-Ticket kam, da platzte der ohnehin energischen Künstlerin dann der Kragen.

Mal kurz was abladen

Todorova wohnt seit vielen Jahren in der Mittelstraße 55 und sie hat dort direkt gegenüber inzwischen auch ihren Laden, eine kleine Galerie, Rosty Art Design. Es sind nicht nur die beiden Kinder, die mit dem Auto kurz mal eben abgeholt oder irgendwo hingefahren werden wollen: Vor allem, sagt Todorova, sei sie darauf angewiesen, Waren in den Laden zu bringen und Kunstwerke von dort abzutransportieren.

Genau das aber sei das Problem: Wenn die Sache länger dauert - länger als drei Minuten Halten also - und sie sicher sein will, dass sie sich keinen Strafzettel einfängt, müsse sie auch dafür einen Parkschein lösen. Jedes einzelne Mal, so kommen dann 458 Euro zusammen. Und kürzlich eben doch ein Strafzettel.

Der Strafzettel beschäftigt derzeit noch Juristen, jedenfalls wolle sie sich das nicht bieten lassen, sondern es bis zum Ende ausfechten, sagt Todorova, ziemlich ungehalten über die städtischen Politessen. Im Kern geht der Streit darum, wie lange sie vor ihrem Laden gehalten - oder doch schon geparkt - hat und wo genau. Auf dem Fußweg, sagt sie selbst, wo denn sonst, das mache doch jeder so. Und präsentiert ein Foto von einem Postauto.

Während die juristische Auseinandersetzung für sie persönlich noch keineswegs abgeschlossen ist, hat sie wegen der „Parksituation“ in der Mittelstraße an den Oberbürgermeister geschrieben und parallel eine Unterschriftenaktion gestartet. 33 Nachbarn hätten bereits unterschrieben, sagt Todorova nach einem Blick in ihren Computer. Verlangt wird eine „Sondergenehmigung für die Bewohner, die hier arbeiten und wohnen“.

Mehr als Kulanz im Einzelfall will und kann die Stadt Wittenberg allerdings nicht bieten. Anwohner der Mittelstraße hätten „die gleichen Rechte wie jeder Verkehrsteilnehmer“, sagt Hagen Pisoke, Sachgebietsleiter Ordnung und Verkehr, und verweist auf das geltende Parkraumkonzept.

Demnach wird die Mittelstraße zwischen Holzmarkt und Kupferstraße bewirtschaftet - um diesen Abschnitt geht es Todorova - und im anschließenden Teil bis zum Lutherhaus ist mit Parkscheibe maximal zweistündiges Parken erlaubt. Anders als das Parken sei das Halten zum Be- und Entladen im Übrigen auch außerhalb der markierten Flächen erlaubt, erklärt Pisoke.

Niedrigschwellig

Also auch vor dem eigenen Laden - aber nicht auf dem Gehweg. Dessen extrem abgesenkter Bordstein stellt für Autofahrer freilich offenbar eine besondere Verlockung dar (wie nicht wenige Fußgänger in der Mittelstraße schon einmal selbst erfahren haben dürften).

Für die Stadtverwaltung, sagt jedenfalls Pisoke, stelle das Halten und auch Fahren auf dem Gehweg das eigentliche Problem in der Mittelstraße dar - es gehe um den Schutz der schwächsten Verkehrsteilnehmer, und das sind nun mal Fußgänger, gehandicapte zumal, ob sie nun Kinderwagen schieben oder den eigenen Rollator.

Auf die Frage der MZ, ob es nicht sinnvoll wäre, Anwohner beim Parken und Halten anders zu behandeln als ganz normale Verkehrsteilnehmer, also Anwohner-Parkplätze auszuweisen, sagt Pisoke, dies wäre in der Mittelstraße (und auch anderenorts in Wittenberg) weder notwendig noch gesetzlich möglich: Ein solcher Eingriff in den Verkehrsraum bedürfte eines sehr hohen „Parkdrucks“, der aber sei hier nicht gegeben. Im Gegenteil, so Pisoke, gebe es kostenfreie Parkplätze in der Umgebung, etwa am alten Gesundheitsamt.

Zur Abrundung dieser Streit-Geschichte aus der Mittelstraße ist hinzuzufügen, dass Rostislava Grigorova Todorova ein Stück entfernt von Wohnung und Geschäft einen eigenen Parkplatz für ihren Mazda hat und bezahlt. Ihr gehe es, betont sie, vorrangig um eine großzügigere Regelung der Frist fürs Be- und Entladen in der Mittelstraße. Die ist nach Lage der Dinge nicht in Sicht.

Todorova wird wohl noch häufiger Kleingeld anlegen müssen und darauf hoffen, dass der Automat es akzeptiert und nicht einfach ohne Gegenleistung frisst.

Denn auch wenn die Stadt von angeblich häufig kaputten Parkautomaten gar nichts wissen will, so gelte doch auch hier die StVO, sagt Hagen Pisoke: Man müsse in solchen Fällen den nächsten Automaten ansteuern. Tagsüber, wohlgemerkt, denn zwischen 18 und 9 Uhr ist das Parken in der Mittelstraße frei. Für alle. (mz)