1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Landpartie mit dem Grünschnitt

Landpartie mit dem Grünschnitt

01.01.2006, 15:40

Wittenberg/MZ/irs. - Vor allem am so genannten Grünschnitt erhitzten sich die Gemüter. Nie gab es so viele Fahrradfahrer in Wittenberg, die jetzt plötzlich samt Hänger nach Rackith fahren sollten. "Wann werden die Herren Räte an die Bürger denken?", schäumte ein Leserbriefschreiber, während andere in der verlassenen Nordendstraße schon wilde Müllberge in den Himmel wachsen sahen. Zu all dem passte sehr schön, dass nun auch noch die Biotonne erheblich teurer wurde.

Die Bürgerinitiative hat sich dann doch nicht gegründet. Im Juli sprang die städtische Kommunalservice Wittenberg (KSW) GmbH in die "Entsorgungslücke": Gegen eine geringe Gebühr konnte man Grünschnitt nun auch im Bauhof an der Weinbergstraße loswerden. Noch einmal flackerte Protest auf, als das Laub von den städtischen Bäumen abzufallen drohte. Wohin mit dem Zeug?, fragte es nun. Biotonne? Zu teuer. Rackith? Zu weit weg. Zur KSW? Wieso bezahlen für eine öffentliche Angelegenheit?

Da erfand die Stadtverwaltung nach langem Nachsinnen die kostenlose Annahme des Laubes, das von städtischen Bäumen vor die Türe von kehrpflichtigen Privathaushalten gefallen war, bei der KSW. Nicht ohne süffisant auf die eigentliche Verantwortung des Landkreises respektive des Kreistages und seiner Ausschüsse zu verweisen, die ja der Schließung der Annahmestelle zugestimmt hatten. (Wobei die Annahme von Laub in der Nordendstraße, wie Oberbürgermeister und SPD-Kreistagsmitglied Eckhard Naumann in dieser Woche einräumte, durch den Landkreis seinerzeit freiwillig geschehen sei.) In Anbetracht der Tatsache, dass "die Erfahrungen ganz gut sind, kann ich mir vorstellen, dass wir das weitermachen", stellte der Oberbürgermeister eine Fortsetzung der städtischen Sammelaktion im Herbst 2006 in Aussicht. Gleichzeitig kritisierte Naumann die Schließung der Sammelstelle in der Nordendstraße. "Der Landkreis muss sich überlegen, ob das eine gute Entscheidung war." Zwar lasse sich "nicht quantifizieren", inwieweit ein direkter Zusammenhang besteht zur vielerorts beklagten wilden Müllentsorgung. Aber, davon zeigt sich Wittenbergs Stadtoberhaupt überzeugt: "Die Schließung war dem förderlich." Als Müll-Schwerpunkte im Stadtgebiet nannte Naumann Teile des Teucheler Wegs, Container-Stellplätze, die Johannes-R.-Becher-Straße in Piesteritz und die Zufahrt zum Apollensberg.

Die Entscheidung habe sich bewährt, heißt es unterdessen beim Landkreis, wo Sprecher Wolfgang Grahl Einsparungen "im fünfstelligen Bereich" ins Felde führt. Es sei auch keineswegs so, dass die auf diese Weise verringerten Personalkosten nun von gestiegenen Ausgaben für die Entsorgung wilden Mülls aufgefressen würden; die seien vielmehr "in etwa so geblieben". Bei der Awu in Rackith, wo man all das abgeben kann, was man früher (auch) in die Nordendstraße schaffte, heißt es, das Aufkommen sei "nicht zurückgegangen", wobei die Leute natürlich "nicht jeden Tag Farben" zu entsorgen hätten. Und was den "Grünschnitt" anlangt: Die Wittenberger kämen schon nach Rackith, sie sammelten jetzt eben ein bisschen länger, bevor sie mit ihrem Zeug aufs Land fahren.