Landkreis Wittenberg Landkreis Wittenberg: Droht Pflegenotstand in Sachsen-Anhalt?

Wittenberg/MZ - Die Zahl der Pflegebedürftigen im Landkreis Wittenberg wird bis zum Jahr 2030 um 44,4 Prozent steigen. Diesen Verlauf prognostiziert der kürzlich erschienene Pflegereport der Barmer GEK. Eine durchaus realistische Prognose, meint Matthias Henschel, Geschäftsführer des Senioren- und Pflegezentrums „Am Lerchenberg“ in Wittenberg, mit Blick auf den demografischen Wandel. Und eine besorgniserregende Entwicklung, wenn es nicht bald entscheidende Reformen im Pflegesystem gibt.
Zu wenige Mitarbeiter
Die Qualität der Pflege am Lerchenberg ist vom Medizinischen Dienst mit Bestnoten ausgezeichnet. Dieses Niveau zu halten, ist allerdings schwierig. Die Anzahl der Bewohner (insgesamt rund 280) werde am Lerchenberg bis 2030 nicht wesentlich steigen. „Es werden nicht alle Pflegebedürftigen in stationären Einrichtungen leben“, erklärt Matthias Henschel. Stattdessen werden sie länger zu Hause bleiben und dort gepflegt. „Die Verweildauer in stationären Einrichtungen wird dadurch immer kürzer.“ Die zwei Mitarbeiter pro Schicht, die sich um die 20 Bewohner in Wohnbereich 4 kümmern sind aber schon jetzt viel zu wenig. Für extra Zuwendung zwischendurch ist nur wenig Zeit. Geschuldet sei das dem aktuellen Pflegeschlüssel, sagt Pflegedienstleiter Jörg Böttcher. Für mehr Fachkräfte bekommt die Einrichtung schlichtweg kein Geld von der Pflegekasse.
Pflegenotstand droht
Doch selbst wenn theoretisch mehr Fachkräfte eingestellt werden könnten, wird das an der Praxis scheitern. Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (BPA) spricht von einem drohenden Pflegenotstand in Sachsen-Anhalt. „Der Beruf des Altenpflegers hat ein schlechtes Image“, so Böttcher. Er ist körperlich anstrengend und schlecht bezahlt. „Die Löhne und Gehälter müssen zwangsläufig steigen.“ Das Problem dabei seien die geringen Anteile der Pflegekassen am Pflegesatz, die seit Beginn der Pflegeversicherung im Jahr 1995 nicht angehoben worden sind. „Eine Reformierung ist dringend notwendig“, betont Henschel.