Landkreis Wittenberg Landkreis Wittenberg: Arbeit immer selbst gesucht
WITTENBERG/MZ/SHO. - Der alte emaillierte Herd mit dem schwarzen Ofenrohr raucht schon lange nicht mehr, obwohl ein Korb mit Holz daneben steht. Als Dekorationsstück macht das blank geputzte Stück in "Gabis Kiosk" aber nicht nur optisch etwas her. Es illustriert, worauf es der Besitzerin ankommt: Hier gibt es selbst gebackene Kuchen - handgemacht und mit natürlichen Zutaten - wie zu Großmutters Zeiten. Künstliche Aromen? Da schüttelt sich Gabi Kirchhoff. "Das ist nichts für mich."
Die Hände in den Schoß legen und warten, dass etwas geschieht - auch das ist nichts für die agile Endfünfzigerin. "Ich bin ein quirliger Typ", sagt Gabi Kirchhoff über sich selbst, "und ich hab mir meine Arbeit immer selbst gesucht." Die gelernte Verkäuferin hat schon die verschiedensten Produkte an Mann und Frau gebracht, im heimatlichen Wittenberg ebenso wie im bayrischen Augsburg. Mit Mitte Fünfzig nahm sie allen Mut zusammen und wagte noch einmal etwas Neues. Den Schritt in die Selbständigkeit. In der Lutherstadt. "Denn ich bin Wittenbergerin mit Leib und Seele", bekennt sie lachend.
Seit fünf Jahren schon verkauft Gabi Kirchhoff in ihrem Kiosk in der Thomas-Müntzer-Straße Lebensmittel. Immer wieder wechselt sie das Sortiment, passt ihr Angebot der Nachfrage an. Denn die verändere sich oft. "Man muss sich schon was einfallen lassen", weiß die Unternehmerin aus fünfjähriger Erfahrung. Und als sie mit dem gelieferten Kuchenangebot nicht zufrieden war, machte sie sich selbst ans Werk. Neben saisonalen Leckereien für Süßmäuler gibt es frisch belegte Brote, eine Sitzecke, dekoriert mit nostalgischen Werbeschildern. "Das ist noch so ein richtiger Tante-Emma-Laden", freut sich Klaus Hammer, der in der Arbeitspause gern ein Handwerkerfrühstück genießt: "Der Laden passt zu ihr", findet der Stammkunde: "Gabi ist eine ganz Liebe, eine echte Mutter der Nation". Wenn Gabi Kirchhoff gelobt wird, dann strahlt sie. "So eine Bestätigung, das geht einem runter wie Sahne", sagt die Unternehmerin. Freilich verhehlt sie nicht, dass die Selbständigkeit ein hartes Brot ist. "Dass es schwer wird, wusste ich vorher", sagt sie resolut, "aber wie schwer, dass merkt man dann erst in der Praxis". Sieben Tage die Woche hatte sie anfangs geöffnet. Doch auf Dauer waren die Öffnungszeiten eine zu starke Belastung für den Ein-Frau-Betrieb. Seit der Körper rebellierte und der Arzt nachdrücklich zum Kürzertreten aufforderte, bleibt die Ladentür dienstags und mittwochs verschlossen.
So kommt es, dass beim fünfjährigen Jubiläum keine Geburtstagstorte über die Ladentheke geht. Ein bisschen stolz ist Gabi Kirchhoff aber doch, dass sie mit ihrem Tante-Emma-Laden so lange durchgehalten und sich eine Stammkundschaft erarbeitet hat. "Ich mag es, Menschen eine Freude zu machen", sagt sie und hätte nichts dagegen, wenn es noch ein paar mehr würden.