Neubau in Wittenberg Kreisarchiv Wittenberg: Bauarbeiten für Millionenprojekt schreiten voran
Nach wenigen Monaten Bauzeit ist es soweit: Der Rohbau des neuen Kreisarchivs in Wittenberg steht. Was Besucher erwartet, warum das Gebäude in Sachen Archivtechnik Maßstäbe setzt - und wie das historische Erbe jetzt digital zugänglich wird.

Wittenberg/MZ. - „Wahnsinn“, sagt Ines Kluge und: „Sie kriegen das Lächeln und den Stolz aus meinem Gesicht nicht mehr raus.“ Das wird auch niemand wollen und davon abgesehen scheinen alle, die sich an diesem Donnerstagmorgen am Kurfürstenring in Wittenberg in Sichtweite zur Schlosskirche eingefunden haben, erfreut. Was froh stimmt, das ist der Baufortschritt des neuen Kreisarchivs.
Erst im November 2024 war der Grundstein gelegt worden. Jetzt feiern sie Richtfest. Von großer Freude spricht Wittenbergs Landrat Christian Tylsch (CDU), der mit auf das Dach des Neubaus steigt, um als Bauherr den berühmten letzten Nagel einzuschlagen.
Weil es sich um ein Flachdach handelt, haben sie eigens einen kurzen Balken an der Balustrade befestigt. Und dort hämmern nun auch die Leiterin des Kreisarchivs, Ines Kluge nämlich, und Kreistagschef Enrico Schilling (CDU), nachdem zuvor Heiko Siegert von der Oberlichtenauer Baugesellschaft einen dem Gebäude angemessenen Richtspruch vorgetragen hat.

Digitale Erschließung: Soviel kostet das Bauprojekt
Wie berichtet belaufen sich die Gesamtkosten für das Bauvorhaben auf 7,6 Millionen Euro. Davon sind 7,4 Millionen Euro Eigenmittel, 175.600 Euro kommen von der Förderbank KfW. Im Zusammenhang mit den Kosten heißt es von Tylsch: „Das wirft Fragen auf.“
Zumal in einer Zeit, in der viele denken, dass bald alles digital wird. Warum dann diese Investition in Beton und Stahl? Die Antwort laute: Digitalisierung ersetze keine Archivierung – sie verändere sie. Mit dem neuen Archiv schaffe man die Voraussetzungen für digitale Erschließung, digitale Zugriffe, einen virtuellen Lesesaal und eine Infrastruktur, die sowohl analoge als auch digitale Informationen dauerhaft sichern könne. Tylsch spricht einmal mehr von einem „Haus für das Gedächtnis unseres Landkreises“. Der Satz „Wo Zukunft Geschichte hat“, mit dem der Kreis bekanntlich wirbt, bekomme hier eine neue Bedeutung.
Mit nachhaltigem Anspruch: Wärmepumpen und Photovoltaik
Tylsch liefert auch interessante technische Details: Die Rede ist von etwa 8.000 laufenden Metern Lagerkapazität, das entspreche fast 90.000 Archivkartons. Geben soll es einen barrierefreien Lesesaal, moderne Digitalisierungseinheiten, einen Lastenaufzug, zwei Sole-Wasser-Wärmepumpen mit je 46 kW Leistung und eine 70-kWp-Photovoltaikanlage auf dem Dach.
Es sei ein „Neubau mit nachhaltigem Anspruch“, betont Tylsch, der ansonsten mit Dank nicht geizt, etwa gegenüber Planungsbüros und Baufirmen. Herausgeholt hätten die sechs Wochen Bauzeit. Wie Ines Behrens vom Gebäude-Fachdienst des Landkreises zur MZ sagt, handelte es sich um jene Vorbereitungszeit, die notwendig war, wenn man mit einem hohen Kran im Schwenkbereich von Bahngleisen baut, wie das beim neuen Kreisarchiv der Fall ist.

Das Bauwerk, das von Ort-Beton-Pfählen getragen wird, verfügt über drei Geschosse, die Nutzflächen werden insgesamt mit 1.347 Quadratmetern angegeben. Im Erdgeschoss eingerichtet werden Foyer und Lesesaal sowie neben den Büros für die Mitarbeiter – vier sind sie zusammen mit Archivleiterin Kluge – auch das Bauregistratur-Magazin. Im ersten Obergeschoss sollen sich einer Beschreibung zufolge die Magazine für Gräfenhainichen, Jessen und Wittenberg und die wissenschaftliche Sammlung befinden. Das zweite Obergeschoss beherbergt weitere Magazine und Technikräume.
Etwa zehn Gewerke aktuell
Noch befindet sich das Kreisarchiv bei Wikana. Mit der für Ende 2025 geplanten Fertigstellung sollen 7,6 Kilometer laufende Akten an den neuen Standort gebracht werden. „Der Umzug wird im laufenden Geschäftsbetrieb organisiert“, sagt Kluge zum Richtfest zur MZ. Demnächst wird begonnen, die Fassade zu verklinkern. Nach Auskunft von Ines Behrens vom Gebäude-Fachdienst arbeiten aktuell etwa zehn Gewerke auf der Baustelle.

Archivierung ist eine Pflichtaufgabe. Um die Kosten für das Bauvorhaben stemmen zu können, werden wie berichtet teilweise Kredite aufgenommen. Den Bau beschlossen hatte der Kreistag von Wittenberg im März 2021.