Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Modellathlet aus Bronze
WITTENBERG/MZ. - Zunächst als Lehrer in Halle tätig, folgten die Herausforderungen Erweiterte Oberschule (EOS) "Philipp Melanchthon" in Wittenberg plus drei Jahrzehnte Trainer beim SC Chemie Halle (heute SV Halle).
Der gebürtige Zahnaer erinnert sich gern an seine Jugendzeit. Wie so viele seiner Altersgefährten jagte er dem Ball nach. Schon damals jedoch gab es die Leichtathletik, die ihm sein Lehrer Karl Kröcher schmackhaft machte. Mit Kurt Krämer zählte er zu den sportlichen Leistungsträgern. Seine Vielseitigkeit führte dazu, dass Erhard Kurz nicht nur beim Turnen ein gefragter Mann war. Auch beim Gewichtheben erwies er sich als Talent. Wer ein wenig über den Tellerrand der DDR blicken wollte, sah im Sport eine Perspektive. "Leistungssport in der DDR besaß einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert. Er war verbunden mit internationaler Anerkennung und wurde aus diesem Grund auch generalstabsmäßig organisiert", sieht es der aus einem christlichen Elternhaus stammende Kurz mit dem Abstand der Jahre.
18 Kilo schweres Geschenk
Während seiner aktiven Zeit beim SC Chemie Halle, später auch als Trainer, widmete er sich den Wurf- und Stoßdisziplinen. Bei 1,86 Meter Körpergröße und 95 Kilo Gewicht (aktuell 80 kg) zählte er eher zu den Leichtgewichten seiner Sportart. Er war der Typ des Modellathleten, was den bekannten Hallenser Professor und Bildhauer Gerhard Geyer veranlasste, ihn in Bronze zu modellieren. Die daraus entstandene Skulptur hat in seinem Arbeitszimmer einen Ehrenplatz erhalten. Über 100 Hallenser Sportler und Weggefährten von einst sammelten zu seinem 60. Geburtstag, um dieses 18 Kilo schwere Stück für ihn als Geschenk von der Witwe des Künstlers käuflich zu erwerben. "Ich war damals zutiefst gerührt", beschreibt er seine Gefühle.
Dass es sich dabei um Olympiateilnehmer und Nationalmannschaftsmitglieder handelte, ist erwähnenswert. Da tauchen bekannte Namen wie Ilke Wyludda (Olympiasiegerin 1996 im Diskuswerfen), Silke Renk (Olympiasiegerin 1992 im Speerwerfen), Petra Müller (Olympiazweite über 400 Meter), Rüdiger Pudenz, Gero Lautsch (beide Diskus) und Detlef Mortag (Kugel) auf. Athleten, die im Nachwuchsbereich unter seinem "Kommando" standen.
Länderkampf gegen Finnland
Als 15-maliger Teilnehmer an den DDR-Meisterschaften von 1956 bis 1970 (jeweils Plätze sechs bis zehn) reichte es für Erhard Kurz nie zum ganz großen Wurf. Seine Bestleistungen: 53,88 Meter im Diskuswerfen, 61,34 Meter im Hammerwerfen, 16,37 Meter im Kugelstoßen. Dennoch ist er stolz auf seinen einzigen Länderkampf 1957 gegen Finnland in Frankfurt. Platz zwei und drei bei DDR-Juniorenmeisterschaften (Kugel, Diskus) stehen außerdem auf seiner Habenseite. "Ich hatte noch Gelegenheit, mit Olympiateilnehmern wie Lothar Milde, Marita Lange und Anita Otto gemeinsam zu trainieren. Das Umfeld in Halle-Brandberge, unserem Trainingsdomizil, war stimmig."
Talentsichtung
Kurz galt in Fachkreisen als begnadeter Trainer. "Ich sah meine Erfüllung darin, Talente an den Hochleistungssport heranzuführen. Im Nachhinein dankten es mir viele junge Menschen. Dies zählte für mich mehr, als jeder große Posten." Der Vater von drei Kindern, sieben Enkeln und zwei Urenkeln, Sportpädagoge aus Leidenschaft und verheiratet mit Ehefrau Regina hat zu seinen Wittenberger Wurzeln zurück gefunden. Seit 2009 wohnt Kurz wieder in der Lutherstadt. Die Akklimatisierungsphase hat er inzwischen gemeistert und fühlt sich wohl in der alten Heimat. Bei der TSG Wittenberg und der Gruppe von Wilfried Gärtner hat er sportlichen Anschluss gefunden und trainiert nebenbei einmal wöchentlich als Spezialist den Werfernachwuchs. "Ich wünsche mir im Sport manchmal die wissenschaftliche Herangehensweise und jene fundierte Ausbildung wie an der DHfK in Leipzig zurück. Dann könnten wir in Deutschland auch wieder Trainer von Format heranbilden."