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Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Lebenslange Leidenschaft für Tauben und Tulpen

Von STEFANIE HOMMERS 11.03.2011, 18:37

BAD SCHMIEDEBERG/MZ. - Wenn Helmut Barz seine Zöglinge präsentiert, leuchten seine Augen. "Eine charismatische Taube", nennt der passionierte Züchter die bucharische Trommeltaube. Die ursprünglich aus dem persischen Raum stammenden Rassetiere haben im Garten des Bad Schmiedebergers ein Zuhause gefunden, das ihnen offenbar gefällt. Mit majestätischer Grazie stolzieren sie auf dicht befiederten Füßen durch ihr Gehege, der mächtige Kopfputz wippt dabei. Bisweilen lassen sie ein rhythmisches Klacken erklingen.

Ein Schmetterlingstraum

Den ungewöhnlichen, einem Trommeln ähnelnden Rufen haben die Tiere ihren Namen zu verdanken. Helmut Barz indes fasziniert etwas anderes, etwas ganz besonderes an seinen Tieren. Ihn begeistert der Flügelschlag, wenn sie sich in die Lüfte erheben: "Das ist wie ein Schmetterlingstraum", findet er, und die blauen Augen blitzen beim Anblick der flirrenden Federn noch ein bisschen heller als zuvor.

Eine rein romantische Beziehung pflegt der verheiratete Vater zweier erwachsener Kinder allerdings nicht zu seinen Tauben. Barz Leidenschaft paart sich mit Kennerschaft, erworben, gepflegt und erweitert im Verlauf von Jahrzehnten. "Auf dem Gebiet der europäischen Rassetaubenzucht macht mir so schnell keiner was vor", gibt der Rentner selbstbewusst zu Protokoll. Untermauert wird dieses Selbstbewusstsein durch eine lange Reihe züchterischer Erfolge: Auf 20 DDR-Siegertitel und fünf europäische Ehrungen, erworben in den letzten 50 Jahren, kann Helmut Barz zurückblicken. Er hat Spezialzuchtgemeinschaften gegründet, internationale Taubenschauen mit aufgebaut und ein weit verzweigtes Kontaktnetz zu Gleichgesinnten geknüpft. Dass der Name Barz bei Zuchtfreunden einen guten Klang hat und für Erfahrung, Erfolg sowie für Wissen steht, davon zeugen überdies zahlreiche Beiträge, die er in einschlägigen Fachzeitschriften veröffentlichte. Am Anfang aller Kenntnis stand jedoch die Begeisterung eines elfjährigen Flüchtlingskindes.

1941 in Pommern geboren, verschlug es den Jungen und seine Familie nach dem Krieg zunächst nach Köthen. "Ich war sprachlos und begeistert angesichts der vielen Tauben auf den Dächern", erinnert sich Helmut Barz an seine Ankunft 1952. Schon bald lernt er Wilhelm Voigt kennen. Der in Züchterkreisen bekannte Trommeltaubenspezialist arbeitet als Hausmeister an der Schule, die Barz besucht und legt die ersten Grundsteine für eine lebenslange Leidenschaft. Von ihm erwirbt der junge Züchter in spe seine ersten Tiere - Helmut Barz gibt sein Konfirmationsgeld für bucharischen Trommeltauben aus. Für sein neues Hobby scheut er keine Mühen. Mit dem Fahrrad legt Barz regelmäßig die 75 Kilometer zwischen Köthen und Quedlinburg zurück, um sich mit einem anderen Kenner der Materie auszutauschen.

Otto Giesecke, der die Rassegeflügelzucht nach dem Krieg wieder aufzubauen versucht, begeistert den jungen Mann unterdessen für eine andere Rasse. Als Barz 1956 erstmals zur Lipsia nach Leipzig fährt, um selbst auszustellen, hat er Dragoon-Tauben im Gepäck. Seither fehlte Helmut Barz nicht ein einziges Mal bei der traditionsreichen Leistungsschau. Heute ist er zwar nicht mehr als Aussteller, wohl aber als Berater mit von der Partie. Und ist zu seiner ersten Liebe - den bucharischen Trommeltauben zurückgekehrt.

Dass die Vögel nicht seine einzige Leidenschaft sind, bemerkt schnell, wer Haus und Garten genauer in Augenschein nimmt. An einer Hauswand hat der Mann, der 40 Jahre seines Berufslebens als Werkstoffprüfer in der Keramikindustrie arbeitete, selbst gestaltete Keramiken angebracht: Selbstverständlich findet sich dort eine Taube als Motiv. Doch auch Tulpen dürfen nicht fehlen, denn die farbenfrohen Frühlingsblumen haben es ihm ebenfalls angetan. Ob "Johann Strauß", "Purissima" oder "Feu superbe" - wenn die Sonne wärmt und der Gartenfreund gießt, sprießt und blüht es im Barzschen Garten üppig. Bis zu 25 000 Zwiebeln habe er zu Spitzenzeiten gesteckt, verrät der Bad Schmiedeberger lächelnd, jetzt seien es aber "nur" noch rund 2 000.

Ob Flora oder Fauna, Naturverbundenheit und insbesondere die Freude an der Schönheit der Natur stehen für den passionierten Züchter Barz stets im Vordergrund. "Die Freude an Tier und Pflanze zu vermitteln", das ist ihm auch nach 50 Jahren Beschäftigung mit seinen Hobbys immer noch ein entscheidendes Anliegen.

Wie in einem Taubenschlag

Dass es in dem mit Tauben und Tulpen dekorierten Haus an diesem Wochenende zugehen könnte wie in einem Taubenschlag und dass zudem auch der eine oder andere Blumengruß eintrudeln dürfte, das hat freilich weniger mit den Hobbys des Hausherren, als vielmehr mit seiner Person zu tun. Helmut Barz feiert nämlich seinen 70. Geburtstag.