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Krankenhaus "Paul Gerhardt Stift" Krankenhaus "Paul Gerhardt Stift": Hilfe fürs Herz

Von stefanie Hommers 17.12.2014, 11:21
Chefarzt Ralf Weser erläutert die hochmoderne Technik im Herzkatheter-Labor.
Chefarzt Ralf Weser erläutert die hochmoderne Technik im Herzkatheter-Labor. thomas klitzsch Lizenz

Wittenberg - Es ist eine ausgesprochen moderne Tür, die sich im Paul Gerhardt Stift öffnet. Per Knopfdruck schwingt sie auf und gibt den Blick frei auf 80 Quadratmeter modernste Technik. Ein Monitor mit beeindruckenden Ausmaßen fällt zuerst ins Auge. „Für den“, sagt Ralf Weser, „kriegen Sie mindestens einen BMW.“

Für den Chefarzt der Klinik für Innere Medizin III eine lohnende Investition. Auf dem hochauflösenden Full-HD-Bildschirm ist das menschliche Herz in voller Größe darstellbar, gleichzeitig sorgt die Möglichkeit einer elektronischen Vergrößerung für einen klaren Blick bis ins kleinste Detail - und das alles mit einer deutlich verringerten Strahlenbelastung für den Patienten.

Dritte Dimension

Seit gut einem Jahr gibt es das als Hybrid-Operationssaal konzipierte Katheterlabor im Wittenberger Krankenhaus. Es kombiniert eine klassische OP-Einrichtung mitsamt einem besonders flexiblen OP-Tisch mit neuesten Bildgebungsverfahren und einer beweglichen Hochleistungs-Röntgen-Anlage, die die Basis für die detaillierte, dreidimensionale Darstellung des Herzens und der Gefäße liefert. Seither können hier Eingriffe und Therapieverfahren am Herzen und an allen anderen Gefäßregionen durchgeführt werden. Verengungen in der Gefäßversorgung des Herzens können blitzschnell und präzise erkannt, die Funktionen der Herzkammer beurteilt und die Herzklappen untersucht werden. Im Stakkato prasseln die Informationen aus dem Mund des Chefarztes.

Der Mann hat keine Zeit zu verlieren. Weser redet indes nicht nur schnell; auch sein Arbeitstempo lässt nichts zu wünschen übrig. Allein in diesem Jahr wurden in dem neuen hochmodernen Hybrid-OP-Raum weit mehr als 1 100 Untersuchungen von einem dreiköpfigen Ärzteteam sowie den begleitenden Schwestern vorgenommen, davon weit mehr als 300 Eingriffe am Herzen mit einer Ballondilatation, die es ermöglicht, dass Verengungen der Herzkranzgefäße wieder durchlässig gemacht werden.

Weser selbst hat im Laufe seiner medizinischen Arbeit schon mehr als 25.000 Patienten unter seinen flinken Fingern gehabt. Zu Beginn seiner Tätigkeit hat er als Internist in radiologischer Ausbildung gearbeitet. „Das war mir zu langsam“, bekennt er freimütig. Weser schloss eine Facharztausbildung dann als Kardiologe in Hannover ab und arbeitete unter anderem im Herzzentrum in Coswig als interventioneller Angiologe, bevor er seine Stelle in Wittenberg antrat. Der neue Raum für Herzkatheteruntersuchungen mitsamt seinen Möglichkeiten entspricht seinem flinken Naturell.

Diagnostizieren, therapieren und operieren

„Wir können damit gleichzeitig diagnostizieren, therapieren und operieren“, unterstreicht er. Das biete nicht nur schonendere Behandlungsmethoden für Patienten mit Herz- und Gefäßerkrankungen, sondern ermögliche den behandelnden Ärzten zugleich, noch schneller und präziser Befunde zu liefern. Wobei die Betonung auf dem „und“ liegt, denn das Tempo, daran lässt Weser keinen Zweifel, dürfe auf keinen Fall zulasten der Genauigkeit gehen. Er arbeite „sehr schnell und sehr, sehr gut“. Oberarzt Stephan Hobrack, der zusammen mit seiner Kollegin Oberärztin Beatrix Meumann das Team um Weser komplettiert, verteilt Bestnoten an den Chefarzt.

Zudem mache er unglaublich viel selbst; es gebe nur wenige Kollegen in Deutschland, „die so komplett arbeiten können“. Der Hochgelobte hört das nicht, sondern ist schon wieder mit Erläuterungen und Erklärungen beschäftigt.

Eine Wiederöffnung von Verengungen mit Hilfe der Ballontechnik dauere gerade einmal fünf Minuten, so Weser. Das bekomme der Patient meist gar nicht mit. „Wenn ich dem alles erklärt habe, bin ich auch schon fertig.“ Die Technik bietet die Chance, das Einsetzen von Stents oftmals zu vermeiden. Denn dank der Apparate ist es nicht allein möglich, Verengungen genau darzustellen, auch ihre Funktion könne beurteilt werden.

„Wir könnten hier theoretisch auch Herzklappen einbauen“, unterstreicht der Wittenberger Kardiologe, „doch das überlassen wir den Profis.“ Als Lehrkrankenhaus arbeite man eng mit der Uniklinik Halle sowie mit dem Herzzentrum in Coswig zusammen und bereite Patienten gegebenenfalls auf den sicheren Weitertransport vor, wenn die Operation unvermeidbar erscheint.

Patienten sind jünger

Ob ein Patient allein vor Ort behandelt oder transportiert werden muss, ob er nach dem Eingriff auf die Intensivstation gebracht wird oder auf der telemetrieüberwachten Normalstation landet, all das entscheide sich zumeist während der Prozedur. Jünger seien die Patienten geworden, sagt Weser über diejenigen, die mit dem Herzen Probleme haben. „Wenn das Alter eines Patienten weit unter dem eigenen liegt, denkt man selber doch noch mal nach und überprüft seine eigenen Risikofaktoren.“ Schließlich seien auch Ärzte nicht vor dem Herzinfarkt gefeit, wie Beispiele von Kollegen zeigten. Am Ende erweist sich die Technik als Hilfsmittel, hocheffizient, aber angewiesen auf menschliche Unterstützung - sei es nun Arzt oder Patient. (mz)