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Krafotec in Wittenberg Krafotec in Wittenberg: Ministerpräsident besucht Start up mit Tradition

Von Karina Blüthgen 19.07.2018, 10:23
Ralf Teichmann, Reiner Haseloff, Dirk Pannier und Wittenbergs Bürgermeister Jochen Kirchner (von links) in der großen Halle bei Krafotec
Ralf Teichmann, Reiner Haseloff, Dirk Pannier und Wittenbergs Bürgermeister Jochen Kirchner (von links) in der großen Halle bei Krafotec Klitzsch

Wittenberg - Als vor etwa fünf Wochen die Nachricht kam, dass die Teichmann Gruppe in Essen die Wittenberger Krafotec GmbH übernimmt, war die Erleichterung groß. Zwei Jahre hatte die Zitterpartie der Insolvenz gedauert, die durch Schwierigkeiten in der Auftragslage und eine deshalb abgesprungene Bank ausgelöst worden war.

Große Fertigungshalle

Am Mittwoch hat sich Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) ein Bild von dem Unternehmen gemacht und den alten sowie den neuen Eigentümer getroffen. „Hier ging es nie um Massenfertigung, sondern um ganz spezielle Krane“, weiß Haseloff, als er vor der 180 Meter langen Fertigungshalle unweit der Dessauer Straße steht. Dass Ralf Teichmann, geschäftsführender Gesellschafter der Teichmann Gruppe, Krafotec mit seiner Tradition (der Vorgänger Gresse war 1883 gegründet worden) nun als Start up-Unternehmen bezeichnet, wundert ihn etwas. Doch Teichmann bleibt dabei.

Wittenberg sei jetzt ein weiteres Standbein der Unternehmensgruppe, das neben dem Ruhrgebiet unter anderem in Berlin und Bayern aktiv ist. „Jede Region hat ihre spezifischen Eigenarten und Kundenkreise. Da ist Regionalität sehr wichtig“, weiß Teichmann. Insgesamt sind in den Betrieben der Gruppe rund 400 Mitarbeiter beschäftigt, alle Firmen sind selbstständige Unternehmen im Kranbau. Lediglich der IT-Bereich und der Einkauf sei zentralisiert.

Gresse kenne er seit 30 Jahren, „seit ich im Kranbau aktiv bin“, erzählt Ralf Teichmann. „Ich lebe und liebe Krananlagen.“ Krafotec sei immer ein „Marktbegleiter gewesen, es gab aber keine Konkurrenzsituation“. Das Marktsegment sei so groß, dass er für Wittenberg gute Chancen zur Weiterentwicklung sehe. Im Dezember 1997 hatte Dirk Pannier mit Bernd Neubert Krafotec gegründet.

In guten Zeiten waren hier rund 80 Mitarbeiter beschäftigt, mit Eintritt in die Insolvenz waren es noch 50. „30 konnten wir hier am Standort halten“, sagt Dirk Pannier, sogar drei neue Kräfte konnten mit Zustimmung des Insolvenzverwalters Dirk Herzig von der Kanzlei Schultze & Braun eingestellt werden.

Mit dem Tag der Übernahme seien sogar wieder Aufträge gekommen, obwohl in den Monaten zuvor mancher Kunde nervös war, sagt Pannier. Dass der Betrieb über zwei Jahre in der Insolvenz aufrechterhalten wurde, nötigt Ralf Teichmann Respekt ab. Ein Jahr hatte das Unternehmen Gespräche mit Insolvenzverwalter Herzig geführt, bevor es zur Übernahme kam. „In Deutschland ist der Begriff Insolvenz immer mit etwas Schlechtem verbunden. Es braucht Verständnis, sich davon zu lösen und den Blick nach vorn zu richten“, so Herzig über die Chancen.

Fünf, sechs Interessenten habe es für die Krafotec GmbH gegeben, sagt Dirk Herzig. Dabei waren auch solche, die nur einen Teil der Firma wollten. Dass ein Unternehmen die Insolvenz recht gut übersteht, „ist nicht so alltäglich“. Doch er habe gespürt, dass hier vieles zusammenpasse, dass Vertrauen da ist, die Mitarbeiter geblieben sind. Er sei zuversichtlich, was das Unternehmen betrifft. Eine Zeit lang wird er Krafotec weiter betreuen, unter anderem ist noch der Kaufvertrag abzuwickeln.

Im Service profilieren

Veränderungen habe es bisher in der Kürze der Zeit nicht gegeben, so Ralf Teichmann auf Nachfrage. „Wir übernehmen jetzt die Immobilie, und dann beginnen wir mit der Strukturierung.“ Als wichtig erachtet er beispielsweise, dass der Service (Reparatur und Revision) für die bereits gebauten Krane aktiviert wird, das Unternehmen werde sich in dieser Hinsicht profilieren.

Profitieren kann Krafotec, dessen Name weiterbestehen bleibt, von den Zertifizierungen der Unternehmensgruppe, etwa zum Umweltschutz. „Herr Pannier hat auch die Möglichkeit, wieder Leute einzustellen“, so Ralf Teichmann. „Er wird Geschäftsführer.“

Nach einem Rundgang und vielen weiteren Infos ziehen sich Reiner Haseloff und die Geschäftsführung zu internen Gesprächen zurück. Zuvor findet der Ministerpräsident mit Blick auf Dirk Herzig: „Da haben Sie alles richtig gemacht.“ (mz)