Kind besiegt Krebs Kind besiegt Krebs: Jamil hat zwei Mal Geburtstag

Wittenberg - Die Überraschung ist gelungen. Die Stadtverwaltung bringt einen Beutel mit Geschenken für Jamil, einen fünf Jahre alten Jungen, der in seinem kurzen Leben viel Schmerz und Leid erfahren musste. Einen Teddy, der dabei ist, möchte er gar nicht mehr aus den Händen geben.
Dann kommt noch die Feuerwehr aus Wittenberg-West, mit Blaulicht und Sirene: „Jamil liebt die Feuerwehr“, sagt Mandy Kudinov, seine Mama. Er darf einen Helm tragen und sich ins Auto setzen.
Letzte Chemotherapie
Jamil feiert zwei Mal im Jahr Geburtstag, einmal seinen richtigen und dann den Tag, an dem er die letzte Intensiv-Chemotherapie hinter sich hatte. Der Junge aus Wittenberg verbrachte viele, viele Monate im Krankenhaus, jetzt ist der Krebs weg. Die Wunden, auch die bei der Familie, verschwinden nicht so schnell.
Mandy Kudinov hat oft Tränen in den Augen, wenn sie erzählt vom Schicksal ihres Sohnes. Seit dem Verdacht, dass es einen Rückfall geben könnte, leidet sie unter Panik-Attacken. Sie leide auch darunter, dass sich der Vater von Jamil nicht interessiere für seinen Jungen, er sei nicht mal in die Klinik gekommen, als das Leben am seidenen Faden hing.
Das Drama begann kurz vorm zweiten Geburtstag von Jamil. Das Kind bekam hohes Fieber, hatte ständig Infekte und Knochenschmerzen. Die Ärzte diagnostizieren Thalassämie, eine genetisch bedingte Blutarmut. Hämoglobin wird nicht ausreichend gebildet beziehungsweise gesteigert abgebaut. Die schwere Form endet tödlich, Jamil hat gottlob die leichte Form. Eine gute Nachricht kurz vorm Geburtstag.
Die schlechte lässt nicht lange auf sich warten. Weil sie das Fieber bei ihrem Kind einfach nicht gesenkt bekam, suchte Mandy Kudinov am Wochenende die Notaufnahme des Krankenhauses auf, gleich zwei Mal. Beide Male sei sie wieder nach Hause geschickt worden.
Mutmaßlich gerettet hat Jamil die Kinderärztin, die am Montag darauf sofort ein Blutbild machen und den Jungen ins Krankenhaus bringen ließ: „Kurz vorm Organversagen.“ Als sich noch kleine dunkle Flecken zeigten, sei plötzlich alles sehr schnell gegangen.
Jamil kam in die Uni-Klinik in Halle, Diagnose: Leukämie. Der Junge, den die Mutter auf einer eigens angelegten Internet-Seite „kleiner, starker Tiger“ nennt, erhielt vier Blöcke Chemotherapie. Er verbrachte ein halbes Jahr im Krankenhaus und musste später immer wieder für mehrere Wochen in die Klinik. Die Behandlung dauerte rund zwei Jahre.
Eine furchtbare Zeit für die Familie, zu der noch zwei Töchter gehören. Die ältere zog zu den Großeltern, um ihren Schulabschluss in Wittenberg ablegen zu können, die jüngere, damals in der ersten Klasse, ging mit der Mutter nach Halle, die dort eine Wohnung suchte, um ihrem Sohn nahe sein zu können: „Ihn ein Mal die Woche zu besuchen, wie andere das machen, ich konnte mir das nicht vorstellen.“
Leben im Krankenhaus
Das Leben, eben auch das ihrer jüngeren Tochter, spielte sich zum großen Teil im Krankenhaus ab: „Andere Kinder spielen, sie war bei ihrem Bruder. Sie hat erlebt, wie kleine Patienten starben. Wir haben zwei Jahre am Krankenbett mitgekämpft.“ Was ihnen wirklich geholfen hat in dieser schweren Zeit, das war die Villa Kinderplanet, der Verein zur Förderung krebskranker Kinder. „Ich konnte dort drei Wochen wohnen, meine Tochter war immer willkommen.“
Jetzt normalisiert sich das Leben der schwer geprüften Familie allmählich. Mandy Kudinov ist mit ihrer Tochter im August zurück gezogen nach Wittenberg. Jamil, der mit den Folgen der Chemotherapie zu kämpfen hat und manchmal noch in die Klinik muss, geht in den Kindergarten, sein Platz war ihm freigehalten worden.
Mut macht die Zuwendung, machen Menschen, die helfen wollen und Wünsche erfüllen - wie die Männer von der Feuerwehr. Jamils Mama gewinnt ihren Optimismus zurück: „Das hat er geschafft. Jetzt kann es eigentlich nur noch vorwärts gehen.“
Die Wittenbergerin Mandy Kudinov bittet um Spenden für den „Verein zur Förderung krebskranker Kinder“, der so viel Gutes tut. Sparkasse Halle: IBAN: DE98 8005 3762 0386 3050 45,
BIC: NOLADE21HAL (mz)