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Heimatkalender Wittenberg Heimatkalender Wittenberg: Das liebste Baby seit 20 Jahren

Von Karina Blüthgen 22.11.2016, 16:00
20 Jahre Heimatkalender steht auf der kleinen „Titel-Binde“, die oben rechts auf das Exemplar für 2017 gedruckt wurde. Sie weist auf das kleine Jubiläum der Broschüre hin, die 1998 das erste Mal erschien. Mario Dittrich ist stolz darauf, dass es diesen Kalender immer noch gibt und dass er noch immer gefragt ist.
20 Jahre Heimatkalender steht auf der kleinen „Titel-Binde“, die oben rechts auf das Exemplar für 2017 gedruckt wurde. Sie weist auf das kleine Jubiläum der Broschüre hin, die 1998 das erste Mal erschien. Mario Dittrich ist stolz darauf, dass es diesen Kalender immer noch gibt und dass er noch immer gefragt ist. Klitzsch

Wittenberg - „Er ist mein liebstes Baby im Verlag“, sagt Mario Dittrich über den Wittenberger Heimatkalender. Ganz unpassend ist der Vergleich ja auch gar nicht, denn die Arbeit eines Verlegers hat durchaus Parallelen mit der einer Hebamme. Beide bringen etwas in beziehungsweise auf die Welt und sehen es im Laufe der Zeit wachsen.

Das „20. Baby“ aus dem Drei-Kastanien-Verlag in Wittenberg, um bei Dittrichs Worten zu bleiben, ist nun im Buchhandel, und der Verleger hofft nicht nur auf Kaufwillige, sondern auch auf Reaktionen. Die kommen fast jedes Jahr, mal machen sie ihn traurig, mal überraschen sie ihn.

„Ich bin immer wieder erstaunt angesichts der Telefonate mit Menschen von überallher, die den Heimatkalender lesen. Und ich lerne so viele Leute kennen, die in dem alten Wittenberg eine Andockstelle finden, obwohl sie nicht mehr in der Stadt wohnen“, fasst der 51-Jährige seine Eindrücke zusammen.

Eigentlich heißt der Kalender für „Wittenberg und den Landkreis Wittenberg“. Allerdings kommt der Landkreis immer etwas zu kurz, „was auch am persönlichen Interesse des Verlegers liegt“, meint Dittrich und lächelt. „Aber ich versuche es schon wegzukriegen.“ Er will es nicht auf die Autoren schieben, die gebe es durchaus. Aber mal passe die Länge nicht, dann mag er zuweilen auch andere inhaltliche Schwerpunkte setzen. Denn vergriffen sind die meisten der Heimatkalender. Vor allem jene Broschüre von 1999, die einen Rückblick auf die Wendezeit zehn Jahre zuvor in Text und Bildern, aber auch auf das Kriegsende 1945 gibt, wird heute hoch gehandelt.

Die Nazizeit, der Zweite Weltkrieg und die Auswirkungen auf die Region ziehen sich wie ein roter Faden durch die zwanzig Jahre. „Darüber gab es 1998 noch ein großes Defizit“, weiß der Verleger. Er finde vor allem die subjektiven Geschichten der Menschen höchst interessant.

„Das hat eine Leserschaft aufgebaut, weil sie es selbst erlebt hat.“ Ein Wunsch Dittrichs ist, jemanden zu finden, der etwas zur ersten Begegnung von Amerikanern und Russen in der Region zu sagen weiß. „Vielleicht das Tagebuch eines GIs“, hofft er. Inzwischen ist die DDR-Zeit interessant.

Von manchen Kalendern hat er noch Restbestände. Ob es an den Themen lag? Dittrich weiß es nicht. Von den Raritäten Nachauflagen zu machen, lehnt Dittrich jedoch ab. „Manche fragen nach einem ,Best of’, da wäre wahrscheinlich die Hälfte des Kalenders von 1999 drin“, scherzt er. Erste Ideen zur Herausgabe eines Wittenberger Heimatkalenders entstanden bei ihm 1997.

„Viele Städte der Umgebung hatten einen über lange Zeit, Belzig oder Zerbst etwa, und ich sagte mir nach der Wende: Es kann doch nicht sein, dass Wittenberg keinen Heimatkalender hat. Wobei es ja früher durchaus solche Publikationen gab. Aber ich habe mit den zwanzig Jahren jetzt, glaube ich, am längsten durchgehalten“, so Mario Dittrich.

Autorenmangel hat der Verleger nicht. „Obwohl manche mir prophezeit haben: Wenn Heinrich Kühne mal nicht mehr ist, wirst Du Probleme bekommen.“ Dennoch kann er nicht verhehlen, dass ihm die alten Autoren (neben Kühne zum Beispiel auch Günter Göricke und Burkhart Richter) fehlen.

Spaß macht ihm die Zusammenstellung des Kalenders auch nach zwanzig Jahren noch. „Vor allem weil ich das Privileg habe, die Artikel als erster lesen zu können.“ In Rente schickt er den „Heimi“ jedenfalls noch lange nicht. Mario Dittrich weiß: „Da würde mir etwas fehlen.“ (mz)