Groß hilft Klein in Wittenberg Groß hilft Klein in Wittenberg: Weniger Druck für das Café Vlora

Wittenberg - Sie machen laut Statistik in Deutschland die Million noch nicht ganz voll: Menschen, die konsequent vegan leben. Wie viele von ihnen es in Wittenberg sind, lässt sich nur schwer feststellen, aber voller Zuversicht hat Anka Soboll sich vor vier Jahren an die Arbeit gemacht und einen Traum verwirklicht: Damals eröffnete sie in der Pfaffengasse ihr veganes Café Vlora. Vlora ist auch der Name einer Hafenstadt an der Adria.
Vor Sobolls Café ist von Meer natürlich keine Spur, trotzdem kann in dem Hof mit seiner Bebauung und den Blühpflanzen Urlaubsstimmung aufkommen. Es ist ein lauschiges Plätzchen und wer es denn gefunden hat, bekommt gratis zu den Gaumenfreuden auch noch den Blick auf den Schlosskirchenturm.
Gut - mehr oder weniger
Das Finden indes gestaltet sich manchmal schwierig, was Soboll auch darauf zurückführt, dass die Anrainer der vorgelagerten Coswiger Straße ebenda keine Werbeaufsteller errichten dürfen. Trotzdem hat Soboll inzwischen viele Stammgäste: Von ihnen und deren Weiterempfehlungen, sagt sie, lebe sie vor allem. Und sie waren es wohl auch, deren Zuspruch die Café-Betreiberin durch die letzten Wochen getragen hat, als zur Eindämmung der Corona-Pandemie auch im Vlora die Türen abgeschlossen wurden.
Dabei hatte diese Saison prima begonnen, die Nachfrage war gut und begehrt die Plätze bei den Brunchs, die Soboll seit zwei Jahren zweimal im Monat anbietet. Inzwischen etabliert hatten sich auch Koch- und Backkurse und dann: alles weg!
Soboll, die eigentlich PR-Fachfrau ist und vor ihrer beruflichen Neuorientierung bei einem Software-Hersteller gearbeitet hat, musste zunächst ihre Mitarbeiter nach Hause schicken. Sie selbst hat versucht, für die Zeit der Zwangsschließung einen Außer-Haus-Service aufzubauen. „Das lief mehr oder weniger gut.“ Immerhin: Einige ihrer Stammgäste haben Essen bestellt. Nicht zuletzt sei es auch darum gegangen, den Kontakt zu den Menschen nicht zu verlieren.
Sie hat Auftragstorten hergestellt, für das Backwerk, natürlich vegan, ist ihr Café bekannt. Auch andere Speisen „to go“ fanden den Weg zu einigen Kunden, aber alles konnte nicht die Fragen vertreiben etwa danach, wann der Schrecken aufhört: „Und was ist morgen, was nächste Woche?“ Soboll sagt, sie sei nicht der Mensch, der den Kopf in den Sand steckt. Aber leicht war es nicht, zumal es eine Weile gedauert habe, bis sie die Corona-Soforthilfe bekam. Eine Erleichterung müssen da die 5.000 Euro aus dem Hilfsfonds von SKW Piesteritz gewesen sein. Die Aktion sei „der Hammer“, entfährt es Soboll und: „Ich fand das unglaublich.“
Die Zuwendung habe „viel Druck rausgenommen“. Da sie heute wegen - coronabedingt - verkürzter Öffnungszeiten und weil noch nicht wieder so viele Café-Besucher unterwegs seien, weniger Umsatz macht, sei dieses Geld in Verbindung mit der Soforthilfe wie ein „Puffer“. Sie würde, sagt sie, sich gern bedanken, in Betracht komme die Feuerwehrtorte, laut Soboll die beliebteste Torte im Vlora, die wegen einer (roten) Schicht aus Kirschen so heißt. Außerdem soll die Sahne ganz oben aussehen wie Löschschaum.
Frische trifft Liebe
In guten Zeiten hat Soboll, die auch in Dresden und Berlin unterwegs war und nun auf dem Land lebt, 13 verschiedene Torten an den Wochenenden im Angebot. Dazu kommen unter anderem Tagesmenüs in der Woche. Soboll, die seit sehr vielen Jahren vegan lebt, setzt auf frische Zutaten in Bioqualität: Sie stellt die Speisen selbst her und nennt als eine wichtige Zutat Liebe. Über ihr Café, das nicht nur Veganer zu schätzen wissen, sagt sie, dass es ihr am Herzen liegt und wer Anka Soboll im Vlora trifft, spürt, wie ernst es ihr damit ist.
Nach dem wochenlangen Lockdown läuft der Betrieb noch etwas schaumgebremst, Kochkurse können noch nicht wieder stattfinden, allerdings will sie diesbezüglich beim Gesundheitsamt anrufen. Auch einige ihrer Leute konnte sie inzwischen zurückholen. Soboll ist optimistisch, dass es weiter aufwärts geht. Was ihr zudem hilft? „Ich mache, was ich machen möchte.“ Das können gewiss nicht allzu viele von sich sagen. (mz)