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Gnadenhof in Moschwig Gnadenhof in Moschwig: Hansi und Frank Emmrich mit bemerkenswerte Hingabe

Von andreas Benedix 25.03.2015, 21:17
Frank Emmrich und Ehefrau Hansi haben in Moschwig ihr Leben in den Dienst der Tiere gestellt.
Frank Emmrich und Ehefrau Hansi haben in Moschwig ihr Leben in den Dienst der Tiere gestellt. benedix Lizenz

Moschwig - „Tierliebe allein genügt nicht, sie muss mit dem Wissen um das Wesen und die Eigenart der Tiere verbunden sein.“ Dieser Spruch am Gitter einer der zahlreichen Unterkünfte für die vierbeinigen Bewohner des Gnadenhofes in Moschwig ist für Hansi und Frank Emmrich die Richtschnur allen Denkens und Handelns. Die Inhaber der Einrichtung haben diese Worte nicht nur verinnerlicht, sondern ihr gesamtes Dasein danach ausgerichtet.

Tierasyl seit 29 Jahren

Sie leben nicht nur mit den Tieren, sie leben für sie. Seit 29 Jahren betreiben sie auf ihrem Grundstück ein Tierasyl, das alten, kranken oder herrenlosen Kreaturen Obdach und Nahrung bietet. Um ihrer inneren Berufung folgen zu können, sind die beiden ehemaligen Artisten von Leipzig in den Bad Schmiedeberger Ortsteil gezogen. Ihr Zuhause in der ruhigen Lage der Bergsiedlung teilen sie uneigennützig mit ihren Schützlingen. Nicht nur Hunde und Katzen, sondern auch Pferde, Esel, Vögel sowie Reptilien haben bei dem Ehepaar Aufnahme gefunden, werden versorgt und bei Bedarf tierärztlich versorgt. Als die eigenen Rücklagen aufgebraucht waren und die finanzielle Decke 1999 dünn wurde, riefen Emmrichs den Verein „Tiere in Not“ ins Leben. „Da kommt über Mitgliedsbeiträge und Spenden wenigstens etwas Geld rein, das wir dringend benötigen“, erklärt Hansi Emmrich.

Müsli und Malzbier

Viele Tierschicksale sind den Emmrichs schon begegnet. Eines ist das von Schneewittchen, einem 30 Jahre alten Schimmel. Auf einer Weide unweit des Gnadenhofes zupft „Schneewi“ friedlich an Grashalmen. „Das war mal ein Polo-Pferd. Als es hier ankam, konnte es aus eigener Kraft nicht mal den Hänger verlassen. Schneewittchen wurde regelrecht kaputt geritten“, erzählt Frank Emmrich. In den Genuss von frischem Gras kommt die Ponystute Mary nicht mehr. In ihrem biblischen Pferdealter von 41 Jahren will es mit dem Kauen nicht mehr richtig klappen. „Mary bekommt jeden Tag Müsli und Malzbier. Alte Menschen müssen ja auch oft ihre Essgewohnheiten umstellen.“

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Auf dem Gelände der Auffangstation umschmeicheln einige Katzen die Beine des 75-jährigen Emmrich. „Nicht alle, die hierherkommen, sind so zutraulich. Manche sind richtig wild. Aber in der Gemeinschaft mit den Artgenossen und durch viel Zuneigung werden fast alle friedlich“, berichtet der Tierschützer. Nicht nur in den speziell dafür erbauten Behausungen mit Freigang und beheizbarem Innenabteil haben die Samtpfoten ihr Domizil. Auch direkt in Emmrichs Wohnbereich räkeln sich einige der Tiere auf Decken und Podesten. „Das hier war mal unser Esszimmer“, verweist der Hausherr auf einen mittels Maschendraht abgetrennten Raum. „Die Miezen sind unsere Sorgenkinder“, erzählt Hansi Emmrich, „jetzt im Frühjahr geht es wieder los. Jahr für Jahr bekommen wir jede Menge Jungtiere, manchmal werden sie einfach über den Zaun geworfen oder in einem Karton vor der Gartentür abgestellt.“

Appell an Besitzer

Leidenschaftlich appelliert sie an alle Besitzer solcher Tiere, diese kastrieren zu lassen. Das Ehepaar selbst hat im einstigen Neubaugebiet wiederholt Fallen aufgestellt, um streunende und herrenlose Tiere einzufangen. „Das ist viel zusätzliche Arbeit. Alle Katzen, die wir bekommen, lassen wir grundsätzlich beim Tierarzt kastrieren. Das ist ein immenser Kostenfaktor für uns“, verweist die resolute Frau auf die damit verbundenen finanziellen Belastungen. Frank Emmrich nennt ein weiteres Problem: „Obwohl wir viel mit anderen Tierschutzorganisationen und Tierheimen zusammenarbeiten und auch mal das eine oder andere Tier weitervermitteln, ist unsere Kapazitätsgrenze erreicht. Um auch künftig unseren Schützlingen die notwendigen Bedingungen und Zuneigung bieten zu können, müssen wir schon manchmal nein sagen, wenn wieder ein Tier abgegeben werden soll.“

Streicheleinheiten für Rottweiler

Auf einem Ledersofa hat es sich Shadow bequem gemacht, friedlich neben Katze Tilli liegend. Ab und an holt sich der Rottweiler Streicheleinheiten ab. Shadow wurde durch das Veterinäramt als angeblich bösartig in den Gnadenhof eingewiesen. „Am Anfang hat er sich auch ein bisschen komisch benommen, er war aber nicht bösartig“, erzählt Frank Emmrich. Mit Liebe und Einfühlungsvermögen konnten die beiden Hundeflüsterer Shadow innerhalb von vier Wochen dazu bringen, seine schlechten Eigenschaften abzulegen. Emmrich: „Wir haben nicht mit ihm geschimpft, aber ihn im richtigen Moment viel gelobt. Er sollte das Gute im Menschen kennenlernen - denn das Böse im Tier ist Mensch-gemacht“. (mz)

Hatte Glück: Schneewittchen
Hatte Glück: Schneewittchen
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