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Gipfelstürmer aus dem Flachland

16.11.2006, 16:47

Wittenberg/MZ. - Die zahlreichen Bilder, die von mehreren Projektoren in Überblendtechnik gezeigt werden, sind mit Musik aus der jeweiligen Region unterlegt.

An diesem Sonntag, dem 19. November wird Rieck ab 17 Uhr im "Piesteritzer Hof" noch einmal über seinen Versuch erzählen, den Mount Everest zu bezwingen. Mit dem leidenschaftlichen Bergsteiger sprach MZ-Redakteur Boris Canje über dessen Weg zum Bezwinger von vier verschiedenen Achttausendern sowie seine künftigen Vorhaben.

Wie wird ein "Flachlandtiroler" aus Wittenberg zu einem passionierten Bezwinger hoher und höchster Gipfel?

Rieck: In die Wiege ist mir diese Leidenschaft mit Sicherheit nicht gelegt worden. Als ich jedoch 1988 zum ersten Mal ein Hochgebirge sah, den Tienschan (Tadschikistan), das größte Gebirge der Erde, war es um mich geschehen. Seitdem führe ich jedes Jahr ein bis zwei Unternehmungen mit Expeditionscharakter durch. Inzwischen sind es 20 an der Zahl. Neben den vier Achttausendern kann ich auch mit dem Cho Polu (6735 Meter) und dem Num Ri (6677 Meter) zwei Erstbesteigungen für mich verbuchen.

Aber zunächst haben Sie doch einen "vernünftigen" Beruf gelernt?

Rieck: Das ist richtig. Mein eigentlicher Traum war es immer, Tierarzt zu werden. 1990 machte ich mein Staatsexamen. Und zu dieser Zeit brach das staatliche Veterinärwesen der DDR zusammen, meine Praxiszeit wurde abgebrochen und ich wurde arbeitslos. Deshalb war ich auch froh, eine Assistentenstelle an der Uni Leipzig zu bekommen. Dort schrieb ich später meine Doktorarbeit. Für die ausgedehnten Reisen nach Skandinavien, in die Arktis, nach Alaska oder in den Himalaja blieb nur der Urlaub.

Nun ist ja eine solche Expedition unter Zeitdruck kaum zu machen?

Rieck: Diese Erfahrung musste ich nicht zuletzt 1995 machen. Ich bekam die Chance, den 8035 Meter hohen Gasherbrum II zu besteigen. Unter Ausnutzung aller Tricks, den Urlaub zu verlängern, standen sechs Wochen zur Verfügung. Allein die Anreise dauerte 14 Tage. Da blieb nicht ausreichend Zeit, das schlechte Wetter im Basislager auszusitzen. Die Expedition scheiterte, nicht zuletzt wegen des Zeitmangels. Später war ich dann erfolgreicher.

War das der Grund, den Tierarztkittel an den berühmten Nagel zu hängen?

Rieck: Der Misserfolg ließ mir keine Ruhe. Der Himalaja hatte mich in seinen Bann gezogen. Besonders der sechsthöchste Berg, der 8 201 Meter hohe Cho Oyu mit seiner gewaltigen Südflanke hatte es mir angetan. Doch für diese Route war ich zu unerfahren. Deshalb begann ich eine Besteigung über die tibetische Nordseite zu organisieren. Doch dieses Vorhaben ließ sich mit meinem Job im öffentlichen Dienst nicht mehr vereinbaren. Die Dauer dieser Expedition war auf drei Monate angesetzt. Ich entschied mich für die Bergsteigerei und kündigte, begann dann mit der Planung. 1998, wenige Tage vor dem Ausscheiden aus der Uni ereilte mich ein Unglück. Ich stürzte beim Klettern ab, zertrümmerte mir das linke Fersenbein. Es war so schlimm, dass die Ärzte mir ankündigten, dass ich nie wieder richtig laufen könnte. Als die Mediziner hörten, dass ich fünf Monate später zu einem Achttausender aufbrechen wollte, lachten sie mich sogar aus. Doch ich hatte für mich beschlossen, dass ich künftig von der Bergsteigerei sowie Vorträgen und der Organisation von Reisen leben wollte, sah keine Alternative mehr. Fünf Monate dauerte die Rehabilitation. Wenige Tage vor der Abreise ließ ich mich gesund schreiben und ging an mein bis dahin größtes Abenteuer. Trotz aller Unkenrufe erreichte ich den Gipfel des Cho Oyu. Der Fuß hielt durch. Heute glaube ich sogar, dass ihn die Belastung gerettet hat.

Und es sollte nicht das letzte große Abenteuer bleiben...

Rieck: 2003, als sich Leipzig als Olympiastadt bewarb, begann ich mit der Vorbereitung einer großen Expedition auf den Mount Everest, die zwei Jahre später gestartet werden sollte. Was wir dabei alles erlebt haben, möchte ich jetzt jedoch nicht weiter erzählen. Wer mehr wissen will, der sollte zum Vortrag kommen. 2006 waren wir noch auf dem 6 856 Meter hohen Ama Dablam, der unter Kennern als der schönste, aber auch schwierigste Berg gilt.

Was sind denn die nächsten Vorhaben?

Rieck: Natürlich werde ich weiter auf Expeditionen gehen. Nach den zwei stark frequentierten Bergen (Everest und Ama Dablam) ist für 2008 wieder eine Erstbesteigung geplant. Um welchen Berg es sich handelt, wird nicht verraten, sonst schnappt uns noch jemand dieses Juwel weg.