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Landratswahl Geben die Parteien im Landkreis Wittenberg Wahlempfehlungen ab?

Unterlegene Parteien vermeiden überwiegend Empfehlungen für Stichwahl und sprechen durch die Blume. FDP und sechs Bürgermeister äußern sich deutlich.

Von Marcel Duclaud Aktualisiert: 17.06.2021, 12:14
Am Sonntag ist Stichwahl im Landkreis Wittenberg.
Am Sonntag ist Stichwahl im Landkreis Wittenberg. (Foto: dpa)

Wittenberg - Am Sonntag entscheidet sich, wer die Geschicke des Landkreises in den kommenden sieben Jahren lenken oder zumindest beeinflussen wird, wer den Landkreis Wittenberg repräsentiert: der Christdemokrat Christian Tylsch oder der AfD-Mann Frank Luczak.

Die Wähler mobilisieren

Beide hatten bei der Wahl vor eineinhalb Wochen die Nase vorn, Tylsch sehr deutlich mit knapp 37 Prozent, Luczak kam auf knapp 20 Prozent. Er lieferte sich wie berichtet ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem SPD-Kandidaten Sven Paul, der bei etwas über 19 Prozent landete. Sonntag nun findet die Stichwahl statt.

Entscheidend dürfte sein, wem der beiden Kontrahenten es gelingt, die Anhänger noch einmal zu mobilisieren - bei voraussichtlich schönem Wetter das Wahllokal zu besuchen, oder per Brief zu wählen. Und im Idealfall auch jene zu erreichen, die ihre Kreuze bei den übrigen sieben Landrats-Bewerbern gemacht hatten.

Üblich sind bei Stichwahlen Empfehlungen der unterlegenen Parteien oder Kandidaten. Die halten sich in diesem Falle in Grenzen. Jedenfalls was die Kräfte des politischen Raumes betrifft.

Die nächsten sieben Jahre

Einzig Norman Sehmisch, der junge FDP-Mann sagt ganz klar: „Die Stichwahl ist sehr bedeutend. Wir sprechen immerhin über die nächsten sieben Jahre im Landkreis. Als FDP in Wittenberg distanzieren wir uns von Inhalten, Werten und Politikverständnis der AfD. Wir schenken Christian Tylsch das Vertrauen.“

Andere tun sich offenkundig schwerer. Ganz schwer die Grünen, die wie die Linken den SPD-Bewerber Sven Paul in der ersten Runde unterstützt hatten. John Liebau, der für den Landtag antrat und Sprecher des Kreisvorstandes ist, sagt kurz und knapp: „Wir äußern uns nicht. Wir werden keine Wahlempfehlung geben.“ Er schiebt allerdings noch hinterher: „Aber auch keine gegen Christian Tylsch.“

Die Linke wird etwas deutlicher. Kreisvorsitzender Uwe Loos erklärt gegenüber der MZ: „Unsere Mitglieder wissen, wen sie wählen sollten.“ Die Notwendigkeit einer Wahlempfehlung sehe seine Partei nicht: „Wir haben uns dazu auch nicht ausgetauscht“, räumt Loos ein, der selber selbstverständlich die Stichwahl wahrnehmen wird. Er sagt auch noch: „Unsere Leute werden hundertpro kein Kreuz bei der AfD machen. Unsere Leute werden demokratisch wählen.“

Eher zurückhaltend äußern sich die Freien Wähler, deren Kandidat Mike Reiß mit knapp neun Prozent der Viertplatzierte im ersten Wahlgang war. Der Wittenberger Stefan Kretschmar räumt ein, Sorge zu haben, dass womöglich nicht allzu viele Menschen am Sonntag von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Er sagt daher: „Wir wünschen uns, dass die Leute wählen gehen.“ Und fügt hinzu: „Der mit den meisten Erfahrungen sollte gewinnen.“ Das ist zumindest ein Wink mit dem Zaunpfahl.

Auch Sven Paul, der knapp unterlegene Kandidat, der dem Vorstand des SPD-Kreisverbandes angehört, vermeidet zwar eine Festlegung, lässt aber klar erkennen, in welche Richtung die Sache gehen sollte: „Wir geben“, erklärte er am Mittwoch, „keine Wahlempfehlung ab. Aber unsere Wähler wissen, was zu tun ist. Wir sehen den Landkreis bei Herrn Tylsch in besseren Händen.“ Es liege aber an ihm, betont der Sozialdemokrat, seine Wähler zu mobilisieren. Wenn er SPD-Wähler gewinnen wolle, dann „mit einer klaren Position gegen die AfD.“

Empfehlung diskutiert

Paul warnt allerdings auch: „An meinem Beispiel ist zu sehen, dass die AfD nicht unterschätzt werden sollte.“ Der Kreisvorstand habe die Frage einer Wahlempfehlung diskutiert: Die Entscheidung sei dagegen gefallen, weil „wir uns doch bemüht hatten, ein Angebot als Alternative zu Herrn Tylsch zu unterbreiten. Das ist uns nicht gelungen.“ Paul sagt aber auch deutlich: „Wir wollen keinen Landrat von der AfD.“

Sechs Bürgermeister melden sich in einer gemeinsamen Erklärung vor der Stichwahl am Sonntag zu Wort. Darin bitten sie, überhaupt wählen zu gehen. Für die Städte und die Menschen sei es entscheidend, wer als Landrat Verantwortung trage, heißt es unter anderem.

Enrico Schilling (CDU), Bürgermeister von Gräfenhainichen: „Ich kenne Christian Tylsch aus 14 Jahren gemeinsamer Kreistagsarbeit. Bei ihm weiß ich, dass sich der Landkreis in guten Händen befindet und die notwendigen Entscheidungen getroffen und auch konsequent umgesetzt werden.“

Torsten Seelig (CDU), Bürgermeister von Kemberg, verweist auf die Ämter der Kreisverwaltung, die Auswirkungen direkt vor Ort haben. „Genehmigungsverfahren zum Beispiel beim Bauen von Kindertagesstätten, das alles sind Punkte, die einer entschlossenen Verwaltung bedürfen. Deshalb unterstütze ich Christian Tylsch, weil es auf den Landrat eben ankommt“.

Maik Strömer (CDU), Bürgermeister von Oranienbaum-Wörlitz: „Die Stichwahl des Landrates ist auch eine Frage der politischen Mitte.“ Er wünscht sich vom Landrat eine politische Führung im Sinne der Menschen im Landkreis und dass der Landrat „auf den Grundfesten unserer Verfassung steht. Wir brauchen einen Landrat, der weiß, was zu tun ist und wie es geht“.

Peter Müller (Freie Wähler), Bürgermeister von Zahna-Elster: „Aufgrund meiner Tätigkeit als Kommunalpolitiker im Kreistag und als Hauptverwaltungsbeamter in Zahna-Elster weiß ich, wie wichtig es ist, einen erfahrenen und kompetenten Ansprechpartner in der Führung der Kreisverwaltung zu haben. Christian Tylsch hat im Kreistag oft sprichwörtlich den Finger in die Wunde gelegt, wenn es an der einen oder anderen Stelle nicht wie notwendig lief. Im Falle seiner Wahl wird er sich daran messen lassen.“

Martin Röthel (SPD), Bürgermeister von Bad Schmiedeberg, appelliert an die Bürger, erneut wählen zu gehen: „Vor allem ist es wichtig, dass auch die Wähler zur Stichwahl gehen, deren Favorit sich nicht durchsetzen konnte. Der neue Landrat wird unser aller Landrat sein und dieser muss klare demokratische Grundwerte vertreten, feste Ziele verfolgen und eng mit den Städten zusammenarbeiten.“

Torsten Zugehör (parteilos), Oberbürgermeister von Wittenberg: „Wir brauchen einen innovativen und weltoffenen Landrat. Die Erfahrung von Christian Tylsch als Fraktionsvorsitzender im Kreistag und in der Landesregierung werden Stadt und Kreis von Nutzen sein. In seiner Tätigkeit als Büroleiter an der Seite des Ministerpräsidenten bewies er während der Pandemie, dass er über ein sehr gutes Krisenmanagement verfügt. Das, so zeigt es die Gegenwart, wird im Landkreis gebraucht. Gehen Sie wählen, entscheiden Sie sich für einen Landrat, dem Werte wie Toleranz, Gerechtigkeit und Respekt entscheidende Säulen in seinem Leben sind.“ (mz)