Gastronomie in Wörlitz Gastronomie in Wörlitz: Zieglers Balance-Akte

Wörlitz - Das neue Restaurant in Wörlitz könnte auch ein Blumenladen sein. Grünpflanzen, bunte Sträuße, Blumenkörbe – all dies in Folie und mit Schleife. „Ich hatte mir so etwas fast gedacht und noch gar nicht so viel Deko hingestellt“, sagt Stephan Ziegler zwischen all den Präsenten auf Tischen und Fensterbänken. Seit ein paar Stunden ist sein Restaurant „Zieglers“ am Freitagmorgen offiziell eröffnet. Die Feier fand am Vorabend statt. „Gegen 23 Uhr waren die letzten Gäste raus“, sagt der Besitzer. Gut so, denn jetzt beginnt das Tagesgeschäft, jetzt muss alles laufen, sich der hohe Einsatz finanzieller Mittel Schritt für Schritt rentieren.
Der Oranienbaumer Stephan Ziegler kehrt nach mehreren Berufsstationen mit dem eigenen Restaurant in die Heimatregion zurück. Seine Ausbildung zum Koch machte der gebürtige Dessauer ab 1998 im Wörlitzer „Parkhotel“. Danach kochte er im „Goldenen Fasan“ in Oranienbaum und im NH-Hotel in Dessau. Es folgten das Hotel „Herrenkrug“ in Magdeburg, ein Abstecher nach Cardiff in Wales und schließlich leitete er im Hotel „The Mandala“ am Potsdamer Platz in Berlin das „Qiu“. (mz/ihi)
Eingesetzt hat der 34-Jährige Oranienbaumer eine Menge und das über einen langen Zeitraum. Gut drei Jahre brauchte es bis zum Start des eigenen Gastronomieprojektes. Entstanden ist etwas völlig Neues an einem alten Standort, gewissermaßen einem Traditionshaus in der Parkstadt. Ganz am Anfang war es das Gasthaus „Drei Linden“. „So sah es mal aus“, zeigt Stephan Ziegler auf ein zum Wandbild vergrößertes Postkartenmotiv, das ihm sein Architekturbüro zur Geschäftseröffnung schenkte. Der „Kartoffelkäfer“ war vor der Zwangsversteigerung der letzte Betreiber.
Ziegler erinnert sich noch an die erste Begehung des Objektes. Da dachte er, es sei mit einer Modernisierung getan. Ein Irrtum. „Es gab erhebliche Baumängel“, sagt er. Die ließ er beseitigen, weil er kein Freund von halben Sachen ist. So hat es etwas länger gedauert mit der Eröffnung, die rechtzeitig zum Start der Saison 2016 stattfindet. Den Koch Stephan Ziegler zwang die lange Bauphase in einige Überbrückungen zurück. „2013 habe ich noch mal für einige Monate in meinem alten Betrieb gearbeitet und danach im Wörlitzer Küchengebäude und in Ferropolis“, erzählt er. Parallel war er gewissermaßen Bauleiter auf eigener Baustelle.
„Jetzt geht der Stress zwar weiter, aber nun endlich in dem Metier, in dem ich zu Hause bin“, sagt er und meint die Küche. Aber ist es die Traumküche? „Das kann man mich in vier Wochen noch mal fragen“, so der Restaurantchef, der sich die Herdplatten mit Koch Mike Mahn teilt, der zuvor im Heidehotel Lubast arbeitete. Auf jeden Fall hat Ziegler vieles aus seinen bisherigen Wirkungsstätten in die Planung einfließen lassen.
„Die guten Sachen nimmt man mit“, erklärt er und erzählt von kleinen Details, wie dem Wasserhahn direkt am Herd. Der spare den Gang mit dem Nudelwasser im Topf durch die Küche. „In der Praxis wird sich zeigen, ob alle Wege so klappen, wie ich es mir vorgestellt habe.“
Im Gastraum sind seine Vorstellungen bereits Realität geworden. „Ich wollte es modern, rustikal haben“, erzählt er von seinen Anweisungen an die Inneneinrichter der Dessauer Firma Stracke. Das Team hat dies ziemlich perfekt umgesetzt. Helle Grautöne, warmes Braun und frisches Grün, wenig Schnörkel und Schnickschnack, dafür viele Ziegel – nomen est omen -, so sieht moderne Gastronomie in Wörlitz aus. In der Speisekarte spiegelt sich das in nicht allzu vielen, aber wohl überlegten Gerichten wider. „Das ist ein Balanceakt und es wird sich zeigen, ob es klappt“, sagt Stephan Ziegler über seine Zusammenstellung von mediterran angehauchten Gerichten.
Zufrieden stellen will er damit gleichermaßen Touristen wie auch Einheimische, denen er etwas mehr als den üblichen Standard bieten möchte. So steht neben dem Wiener Schnitzel und der Forelle auch das Dry Aged Entrecoté oder die Sülze vom Schweinebäckchen. Der geschmorte Anhalter Meckersack, eine mit Ziegenkäse gefüllte Rinderhüfte, ist ein Gruß an die Region und wurde gemeinsam mit dem Anhaltischen Kochverein entwickelt. Beim Oktopussalat als Vorspeise will Stephan Ziegler schauen, ob der den Gästen schmeckt. „Ansonsten wird er durch etwas anderes ersetzt“, ist der Küchen- und Restaurantchef flexibel.
Am Freitag sollten die ersten Gäste mit Reservierungen um 18 Uhr in der Tür stehen. In der Regel aber öffnet das „Zieglers“ künftig außer montags um 12 Uhr, und bald sollte das auch vor der Tür nicht zu übersehen sein, denn aktuell wird der Biergarten für die Saison hergerichtet.
Das ist der nächste Baustein, dem noch einige folgen könnten. Stephan Ziegler denkt an einen neuen Farbanstrich der Fassade. Am Montag will ihn die Denkmalschutzbehörde informieren, welcher Farbton es sein darf. „Ich lass’ mich überraschen“, sagt er und schaut hinauf zu den Fenstern seines Hauses. In der ersten Etage und unterm Dach könnten noch ein paar Gästezimmer entstehen. „Wenn es passt, kümmern wir uns darum“, sagt Ziegler. Zunächst kümmert er sich erst einmal um die Essen, die am Abend vor den Gästen im „Zieglers“ stehen sollen. (mz)
