Exerzierhalle in Wittenberg Exerzierhalle in Wittenberg: Begegnung mit Taktgefühl

Wittenberg - „Ein Fremder ist ein Freund, den man noch nicht kennt“, lautet ein irisches Sprichwort. Beim „Tanz für Toleranz“ am Samstagabend in der Wittenberger Exerzierhalle bot sich eine schwungvolle und rhythmisch rasante Gelegenheit, Freundschaften zu schließen oder sich zumindest zu begegnen.
„Man kann sich ja einfach mal kennenlernen“, hatte sich auch Thomas Merten gedacht - und zusammen mit Alexandra Schimmel, Dirk Wald und Sebastian Sperling die Veranstaltung im wahrsten Sinne des Wortes auf die Beine gestellt. Das Konzept ging auf; die Privatinitiative des Wittenberger Quartetts lockte zahlreiche Gäste in die Exerzierhalle - Alteingessene genauso wie Neuankömmlinge, unter ihnen auch Klaus Hajek samt Familie. Der frühere Vizelandrat war nicht in erster Linie gekommen, weil er ein ausgewiesener Fan der Dessauer Pop-Punk-Combo „Storyteller“ ist, die Wittenberger Hip-Hop-Gruppe „Wittenbergs Finest“ live erleben oder den Klängen von DJ „RDoutbreak“ alias Sebastian Sperling lauschen wollte. „Ich bin mit meinen zwei Pflegekindern gekommen“, so Hajek. Ende vergangenen Jahres hatte die Familie zwei unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bei sich zu Hause aufgenommen.
Das neue Miteinander sei „eine Herausforderung“, bekennt er. Natürlich gelte es, kulturelle Unterschiede zu überwinden, einen gemeinsamen Weg zu finden. Am Ende sei es zwar „nicht so einfach, wie sich dass mancher vorstellt, aber auch nicht so schwierig, dass man Angst davor haben muss“ resümiert er seine Erfahrungen, und sein 16-jähriger Zögling Abdullah aus Syrien ergänzt: „Wir wollen lernen.“ Das gelte nicht allein für Sprache und Kultur, sondern auch fürs alltägliche Miteinander. „Sich rauszuhalten ist der falsche Ansatz“, findet auch Ronald Trocha. Deshalb hatte der Chef der „Free Infinity Dancers“ ohne zu zögern einen Auftritt seiner Truppe beim Tanz für Toleranz zugesagt. Wie alle Acts des Abends verzichteten sie auf eine Gage; Sponsoren unterstützten zudem das Projekt - vom Getränkelieferanten und der Wittenberger Kneipe „Independent“ über den SPD-Europaabgeordneten Arne Lietz bis hin zu Einzelpersonen wie Kerstin Krause. Die junge Unternehmerin engagiert sich bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) als Patenschaftskoordinatorin und findet, dass der Tanz für Toleranz einfach „eine gute Idee ist“. Der Erlös des Abends fließt in das von ihr betreute Awo-Projekt „Familienpaten“. Dort kümmern sich etwa 30 Aktive ehrenamtlich um Flüchtlingsfamilien und helfen etwa im Umgang mit Behörden.
Mitinitiator Dirk Wald blickt durchaus zufrieden in die Runde. Ihm gefällt, dass so viele alte und neue Wittenberger gekommen sind „und dass sie alle miteinander reden“. Insofern könne man schon jetzt von einem Erfolg sprechen, zieht er ein erstes Fazit. Da ist der Abend noch lange nicht zu Ende. Als der DJ auflegt, füllt sich die Tanzfläche, am Tresen herrscht reger Betrieb, im Takt der Toleranz wird bis tief in die Nacht gefeiert. (mz)
