Entwischter Papagei in Coswig Entwischter Papagei in Coswig: Rubys erster Ausflug

Coswig - Was ist denn nur mit Ruby los? Gerade erst ist die Papageien-Dame von Berlin nach Coswig gezogen, da unternimmt sie bereits eigenmächtig erste Erkundungen an ihrem neuem Wohnort. Besitzer Le Ngoc findet diese Eigenmächtigkeiten seines neuen Haustieres gar nicht gut. Vor wenigen Tagen hat er sich den Gelbbrust-Ara gekauft, um seinem Ara-Männchen eine Partnerin an die Seite zu geben. Und nun hat Ruby eine offene Tür genutzt und die Umgebung zwischen der Coswiger Friedrikenstraße und der Sekundarschule „Johann Gottfried Wilke“ erkundet. Am Dienstagvormittag sitzt die Papageien-Dame im kahlen Geäst eines Baumes auf dem Schulhof und hält ein Nickerchen.
Einen Ara als Haustier zu halten, will gut überlegt sein. Der Handel mit diesen Exoten ist Beschränkungen unterworfen. Mit manchen Arten (Aras, Amazonen, Kakadus) darf gar nicht gehandelt werden. Die Zucht der meisten Papageienvögel ist meldepflichtig. Züchter müssen dem Käufer die entsprechenden Papiere aushändigen. Auch das Tierschutzgesetz sieht Papageien als Tiere mit „besonderen Ansprüchen an Haltung und Pflege“ und schreibt eine Meldepflicht vor. Eine Halte-Bewilligung wird nur erteilt, wenn die gesetzlichen Auflagen erfüllt sind.
Wenn ein Tier durch die Feuerwehr gerettet oder eingefangen werden muss, hat die Kosten dafür in der Regel der Eigentümer zu tragen. Dies regelt unter anderem das Brandschutz- und Hilfeleistungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt.
„Montagabend ist sie weggeflogen“, erzählt Le Ngoc, der gleich darauf einen ersten Fangversuch unternahm und scheiterte. Nach einer kühlen Nacht ist der prächtig blau-gelbe Ara die Attraktion auf dem Schulhof, den er seit dem Morgen aus großer Höhe überblickt. „Als ich um sieben Uhr kam, war er schon da“, erzählt Udo Bauer. Der stellvertretende Schuldirektor setzt sich gleich ans Telefon. Über das Ordnungsamt ist schnell Besitzer Le Ngoc gefunden und benachrichtigt. Eine Vogelrettung durch die Feuerwehr wird verworfen. Sie müsste bezahlt werden und die Chancen, den Ara zu fangen, sind ungewiss, könnte er doch einfach zum nächsten Baum fliegen.
So ist also guter Rat teuer, als sich unterm Baum am Dienstagvormittag Experten einfinden. Die Zehntklässlerinnen Lisa-Marie Bösener und Sophia Pommerening wurden kurzerhand vom Unterricht beurlaubt und leisten Besitzer Le und Ruby Gesellschaft. Sie haben auch Wiebke Bang informiert. Die junge Frau aus Buko hat über den Coswiger Verein „Tierisch gute Helfer“ schon einige Fundtiere betreut und aufgenommen. Nun ist aber auch sie etwas ratlos. Ruby schläft, blinzelt zuweilen ein wenig und lässt sich nicht mit Apfelschnitz und Walnuss locken.
Immerhin weiß der Wittenberger Tierpark Rat, den Udo Bauer telefonisch kontaktiert. „Wir sollen einfach abwarten und eine Futterstelle einrichten“, berichtet Bauer am Nachmittag, als Ruby immer noch im Baum sitzt, inzwischen aufgewacht und kräftig lärmend. „Zuschauer gibt es schon jede Menge. Das spricht sich doch in Coswig schnell rum“, sagt Bauer. Die Ruby-Rettung ist derweil gut organisiert. Vor allem etliche Mädchen haben sich für eine Wache eingeteilt. Le Ngoc schaut immer wieder vorbei. Eine Decke liegt bereit, die über die Ara-Dame geworfen werden soll, wenn sie zum Fressen hinabfliegen sollte. „Das kann aber zwei, drei Tage dauern, hat man uns gesagt“, so Bauer. Hauptsache, der Vogel wird nicht aufgeschreckt, denn der Baum im Schulhof ist zwar hoch, liegt aber strategisch günstig. Jetzt muss Ruby nur noch herunterkommen. (mz)