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Energiewende in Wittenberg Energiewende in Wittenberg: Werbung für das Sinnvolle

Von KARINA BLÜTHGEN 12.05.2014, 18:32
Energiewende heißt auch, dass Strom transportiert werden muss.
Energiewende heißt auch, dass Strom transportiert werden muss. KUHN Lizenz

WITTENBERG/MZ - Drei Blockheizkraftwerke (die auch Strom erzeugen), fünf Fotovoltaik-Anlagen und ein Klärschlammfaulturm zählen zu den Energieerzeugern der Wittenberger Stadtwerke. In Sachen Energiemix ist das Unternehmen gut aufgestellt. Der Fuhrpark rollt dank Bioerdgas, die Stadtwerke betreiben zudem zwei Erdgastankstellen in Wittenberg. Das sind, rational gesehen, gute Voraussetzungen, um die viel beschworene Energiewende mitzutragen.

Siedler haben viele Fragen

Wie es genau um dieselbe bestellt ist, darum drehte sich jüngst die Diskussion beim monatlichen „Talk am Stadtrand“. Die Siedlergemeinschaft hatte sich dazu Hans-Joachim Herrmann eingeladen. Fragen gab es viele, etwa ob das Verbrennen von Holz wirklich nachhaltig ist, wie Energie effektiv gespeichert werden kann und ob sich die Stadtwerke an Forschungen und Neuentwicklungen in Sachen Energiegewinnung beteiligen. Herrmann ist gewiss keiner, der die Welt schwarz und weiß sieht. Auch in Sachen Energie nicht. Der Geschäftsführer der Wittenberger Stadtwerke ist vielmehr Realist und schaut auf das Machbare. Etwa was den Preis betrifft. Auf die Frage von Moderator Volker Braune, ob der Strompreis der Stadtwerke fair sei, antwortete er: „Natürlich. Wenn er nicht fair ist, laufen uns die Kunden weg.“ Er gab jedoch zu bedenken, dass 85 Prozent des Strompreises nicht beeinflussbar, sondern staatlich reguliert sind.

Den einem guten Dutzend Zuhörern an dem Abend in der früheren Gaststätte „Zum Löwen“ dürfte der Kopf geschwirrt haben bei all den Details. Doch die Fragen, die sie hatten, zielten auf ganz praktische Dinge, zum Beispiel die Selbsterzeugung und -nutzung von Strom. Herrmann erläuterte ein Experiment, das in den USA stattgefunden hatte. Schaffen es durchtrainierte Sportler auf 50 Fahrrädern, genug Strom für einen Vier-Personen-Haushalt zu erzeugen? „Es geht, aber man braucht viel Kraft und Arbeit für das, wofür wir sonst einfach Klick machen“, erläuterte er. Auch die derzeit viel propagierte Selbstnutzung der Energie vom eigenen Hausdach macht aus seiner Sicht, nämlich der des Unternehmers, keinen Sinn. „Das Haus braucht trotzdem einen Netzanschluss in voller Leistung“, erklärte Herrmann. „Der Besitzer zahlt aber nur pro abgenommener Kilowattstunde. Wenn er nichts zahlen muss, entstehen dennoch Kosten. Und die zahlen die anderen.“

Was für den Geschäftsführer vor allem zählt, ist die Versorgungssicherheit der Kunden. Die ist allein durch unsteten Wind- und Solarstrom nicht gegeben. Speicherung ist das Schlüsselwort, bestätigte Herrmann. „Wer das Problem der Energiespeicherung löst, löst das Problem der Menschheit.“ Zwar sei die Leistungsfähigkeit der Akkumulatoren besser, „aber was wir bräuchten, dafür ist entweder die Technologie noch nicht da oder noch nicht ausreichend“.

Als Skeptiker in Sachen Klimawandel will sich Hans-Joachim Herrmann nicht sehen. Doch er nennt die nüchternen Zahlen, dass nämlich 96 Prozent des Kohlendioxid-Ausstoßes natürliche Ursachen hat und lediglich vier Prozent von Menschen verursacht ist. Der Anteil Deutschlands daran wiederum beträgt 0,1 Prozent. Allen Anstrengungen zum Trotz sei die Emission von Kohlendioxid in den letzten zwei Jahren wieder gestiegen. Sicher sei noch mehr Energie aus Solar- und Windkraftanlagen machbar. Aber Herrmann gab zugleich zu bedenken, dass das einen stärkeren Ausbau der Stromnetze nach sich ziehen müsse. „Es leidet die Versorgungssicherheit. Wir sind in der Vergangenheit schon an Netzzusammenbrüchen vorbei geschrammt.“

Holz kann nachhaltig sein

Nach zwei Stunden Diskussion stand fest: Es gibt viele Möglichkeiten, eine Energiewende herbeizuführen. Natürlich hatte Hans-Joachim Herrmann auch eine persönliche Meinung. Etwa zur Holzverbrennung, die von den Leipziger Stadtwerken in Piesteritz betrieben wird. Ob es wirklich nachhaltig sei und wie viel Gewinn es abwerfe, vermöge er nicht zu beurteilen, wich Herrmann etwas aus. Für ihn stehe fest: „Holzverbrennung ist dann gut, wenn man das Holz am Ende seiner Nutzung verbrennt.“