1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Ein Geschenk wird abgelehnt

Ein Geschenk wird abgelehnt

Von Michael Hübner 05.07.2007, 18:32

Wittenberg/MZ. - "Wir haben sehr lange überlegt", sagt Hagen Pisoke. "Eher negativ als positiv", gibt der stellvertretende Ordnungsamtsleiter das Fazit der Runde wieder.

Wolfgang Tschetschorke teilt dieser Meinung. Der amtierende Leiter des Wittenberger Verkehrsdienstes glaubt sogar, dass diese Anzeigen zum Rasen animieren könnten. Darüber hinaus werde die Anzeige kaum wahr genommen. "Ich habe Pkw-Fahrer in Kemberg befragt", so der Polizist. Und es gibt noch ein Problem: Pisoke kann sich den Einsatz nur an Schulen vorstellen. Und da gilt striktes Werbeverbot. Darauf macht André Habedank aufmerksam. Es könne nicht sein, dass für "Alkohol oder Diskotheken" oder für eine Markenjeans geworben werde. "Wir wecken Begehrlichkeiten", sagt der stellvertretende Vorsitzende des Stadt- und Kreiselternrates. Stammnitz, der die Ablehnungsgründe von der MZ erfährt, ist empört: "Das sind alles Ausreden." Nach seiner Meinung sind etwa 80 Standorte für den Einsatz seines Produktes in der Lutherstadt möglich. "Bei den Sponsoren sind auch Zahnärzte dabei, die wollen höchstens ihr Logo sehen. Natürlich bin ich auch bei den möglichen Werbebotschaften kompromissbereit. Ich habe noch nie für Alkohol geworben. Da gehe ich doch gar nicht erst hin", so der Unternehmer, der als Slogan vorschlug: Wittenberg gegen Raser.

Das wird nun niemand lesen. "Das ist ein Hammer", so Stammnitz. Sein Fazit: Der Schaden ist im Verhältnis zum Nutzen eher gering. In anderen Orten werde das Aufstellen der Messgeräte mit kleinen Volksfesten gefeiert, sagt der Firmenchef. In Kemberg war das so. Grundschüler und Kindergartenkinder zeigten ein kleines Programm. "Wir erhoffen uns schon einen Erziehungseffekt und auch eine Entlastung der Anwohner, die sich schon über zu schnelles Fahren beklagten", erklärte Rainer Schubert im August 2005. Heute sagt der Bürgermeister: "Wirkungsvoll ist das schon." Seine Einschätzung: Es hat sich bewährt.

Auch aus der Kurstadt Bad Düben gibt es nicht wirklich Kritisches. Dabei ist der Mann, der hier für die Aufstellung dieser Anzeigen die politische Verantwortung trug, längst im Ruhestand. "Eckhard Tulaszewski war ein richtiger Fan dieser Geräte", so Gabriele Leibnitz. "Die Messungen werden registriert, man geht vom Gas runter", sagt die Ordnungsamtschefin. Allerdings verschweigt sie einen Nachteil nicht: An den Stellen der Geschwindigkeits-Info sei ein "Blitzen" nicht mehr möglich. Das ist im Übrigen einer der Ablehnungsgründe für den Wittenberger Verkehrsrat. Und auch in Gräfenhainichen berichtet Harry Rußbült vom Für und Wider. "Unsere Erfahrungen sind sehr unterschiedlich", sagt das Stadtoberhaupt. Er spricht von "einer Messstrecke", "einem Test für Unvernünftige". Dies sei zumindest "in der ersten Zeit" der Fall gewesen. Der Verwaltungschef empfiehlt als "gute Standorte" das Aufstellen der Anzeigen in der Nähe von "Kindereinrichtungen, Schulen und Fußgängerüberwegen".

Stammnitz' Gratis-Offerte überzeugte inzwischen in mehr als 40 Kommunen. "Die Resonanz ist durchweg positiv", berichtet der Bitterfelder. Wittenberg sei die Ausnahme.