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Dubiose Millionen-Offerte per Fax Dubiose Millionen-Offerte per Fax: Bonner Trickbetrüger treiben in Wittenberg ihr Unwesen

Von Michael Hübner 12.07.2017, 08:57
Per Fax hat der Angeklagte Trickformulare verschickt.
Per Fax hat der Angeklagte Trickformulare verschickt. picture alliance / ZB

Wittenberg - Trickbetrug boomt. Zu dieser Spezies zählt offensichtlich auch Tony U. Der Mann nennt sich Kredit-Offizier der Abu-Dhabi-Islamic-Bank. Solche Geldinstitute gibt es etwa 500 mal. Die Häuser verzichten auf verzinslichen Geldverleih, jegliche Geschäfte mit Glücksspielcharakter und Investitionen, die nicht mit den ethischen Grundsätzen des Islams vereinbar sind. Transparenz soll eine der wichtigsten Grundsätze sein.

Das versteckte Geschäft

Das ganze Gegenteil davon ist, was Tony U. nach Wittenberg faxt. Er selbst nennt das „einen versteckten Geschäfts-Vorschlag“. Es handelt sich um eine Millionen-Offerte. Doch Tony U. gerät in Wittenberg ausgerechnet an einen Anwalt. „Die wollen abzocken, Tausende“, kommentiert Ulrich Nitz. Es handelt sich offensichtlich um ein Massen-Fax. Tony U. hat sich noch nicht mal die Mühe gemacht, für seine Geschichte das Schreiben ordentlich auszufüllen.

So handelt also die Story von Peter Surname - hier wird offenbar immer ein Nachname, der mindestens so ähnlich klingt wie der Fax-Empfänger, eingetragen. Erzählt wird die Tragödie einer Familie, die angeblich durch einen Bombenanschlag getötet wurde. Tony U. behauptet, er suche für 25 Millionen Euro einen Erben. Die Zeit dränge - bis Ende Oktober 2017, sonst falle das von niemandem beanspruchte Geld an den Staat. Die Sache sei „sehr legal und 100 Prozent risikofrei“.

„Bitte beachten Sie, dass es in diesem Geschäft überhaupt kein einziges Risiko gibt, da wir eine legalisierte Methode annehmen, und ein Anwalt wird alle Unterlagen vorbereiten.“ Für die „einfache Kommunikation“ gibt es die private Handy-Nummer des „Bankers“ und eine Mail-Adresse. Die MZ hat ihre Fragen am Freitag per elektronischer Post an den Fax-Absender geschickt. Antworten sind ausgeblieben. Dagegen wird Tony U. vergebens auf einen Anruf von Nitz warten. Er ist an den völlig Falschen geraten. Der Jurist warnt seit Jahren vor Trickbetrügern - und das mit Erfolg.

Ein mutmaßlicher Täter, der auch in Wittenberg sein Unwesen getrieben hat, muss sich ab 12. Juli vor dem Landgericht Bonn verantworten. „Wir haben Anklage erhoben“, bestätigt Staatsanwalt Sebastian Buß auf MZ-Anfrage. Der promovierte Jurist spricht vom Tatvorwurf des „gewerbsmäßigen Betrugs“.

In der Lutherstadt stoppen der Apotheker Ulrich Räuchle - „Ich erhalte viele solcher Schreiben“ - und sein Anwalt Nitz den Beutezug des 45-jährigen Bonners, der bisher nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist. Das Duo macht die perfide Masche der dubiosen Firma - Geschäftsführer ist der Angeklagte Serdal C.- öffentlich.

Die Trickformulare sehen aus, wie ein behördliches Schreiben. Die Empfänger sollen ihre Firmenangaben in ein Formular eintragen, um in ein „Zentrales Gewerberegister“ aufgenommen zu werden. Mit ihren Daten und Unterschriften tappen die Firmenchefs aber in eine Vertragsfalle und bestellen verbindlich „ein Leistungspaket“ im Wert von mehreren hundert Euro. „Das Problem ist, die Betrugsabsicht zu beweisen, weil im Kleingedruckten die Preise stehen“, sagt ein hiesiger Ermittler.

Trittbrettfahrer unterwegs

Das wird in Nordrhein-Westfalen anders gesehen. Allerdings hält sich der Jubel in Wittenberg in überschaubaren Grenzen. Der juristische Erfolg fällt kaum ins Gewicht. Das liegt an den Trittbrettfahrern. Einer davon ist Stefan M. Der Mann aus Bukarest - die Adresse seines Firmensitzes ist existent und befindet sich in der Nähe eines Stadions in der rumänischen Hauptstadt - gibt sich bei weitem nicht so viel Mühe wie sein angeklagter Vorgänger: keine Hotline oder Telefonnummer. Und auf Preise im Kleingedruckten für den Eintrag in ein „Gewerbeverzeichnis Sachsen-Anhalt“ verzichtet Stefan M. Hier gibt es lediglich den Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die im Internet veröffentlicht werden.

Wer dem Rumänen antwortet, läuft Gefahr, zwei Jahre lang pro Monat 66 Euro netto berappen zu müssen. Das ist Abzocke. Und bei den AGB wird schon mal vorsorglich als Gerichtsstand Bukarest genannt. Der Mann hat kein Interesse, sich vor deutschen Gerichten für seine Offerten verantworten zu müssen. Handelt es sich um Straftaten, dann kann er durchaus auch von deutschen Staatsanwälten Ärger bekommen. Räuchle und Nitz haben konsequent und richtig gehandelt: Sie haben die Faxe in den Papierkorb entsorgt. (mz)

Ulrich Räuchle, Chef der Wittenberger Luther-Apotheke, lässt sich nicht von Trickbetrügern reinlegen.
Ulrich Räuchle, Chef der Wittenberger Luther-Apotheke, lässt sich nicht von Trickbetrügern reinlegen.
Thomas Klitsch