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Drogenrazzia in Coswig Drogenrazzia in Coswig: Polizei hebt Cannabisplantage mit hunderten Pflanzen aus

Von Alexander Baumbach 28.04.2015, 11:57
Auf drei Etagen haben Unbekannte in dem leerstehenden Haus Cannbis angebaut.
Auf drei Etagen haben Unbekannte in dem leerstehenden Haus Cannbis angebaut. Baumbach Lizenz

Coswig - Am Dienstagmorgen gegen 8 Uhr schauen Anwohner der Coswiger Sebastian-Bach-Straße verwundert aus ihren Fenstern. Der Grund: Mit einem Großaufgebot ist die Polizei in der Innenstadt aufgetaucht. Ein offenbar seit Jahren leerstehendes Gebäude ist das Ziel der Beamten. Vor dem Eingang liegen Laub, Müll und Stücke von Dachpappe. Im Inneren sieht es ähnlich heruntergekommen aus - und ein intensiver Geruch von Marihuana durchzieht den Hausflur. Auf dem regennassen Bürgersteig vor dem Haus riecht man es auch.

Anlage mit 800 Kübeln

Es dauert einige Stunden, bevor sich Staatsanwaltschaft und Polizei durchgerungen haben, der Presse Einlass zu gewähren in das mehrstöckige, vor vielen Jahren sicher sehr schöne Gebäude. Im Hausflur sind Blumenornamente an die Wand gemalt. Im Treppenhaus ein Schriftzug: „Es wünsch’ mir einer, was er will, dem gebe Gott zweimal so viel“. Ein wenig zynisch klingt der schon, angesichts von 800 Pflanzkübeln, die im Keller, im Erdgeschoss und auch im ersten Stock verteilt stehen. Ihr Inhalt: Marihuana. Die Beamten finden ein professionell eingerichtetes Labor - allein die elektrischen Anlagen im Haus lassen staunen. Dazu kommen Hochdrucklampen für ein konstantes Licht, Ventilatoren zum Bewegen und Kräftigen der Stängel, eine komplizierte Bewässerungs- und Pumpenanlage, dazu Heizung, Zuluft, Abluft.

Es ist ganz klar: In Coswig waren Profis am Werk. Was die Beamten daneben finden, ist nicht weniger erschreckend. Es sind die Hinterlassenschaften der Drogengärtner: zwei, drei große Säcke Reis, asiatische Nudelpackungen, tschechische Zigaretten. Die Vorräte hätten für Wochen gereicht.

Von Nachbarn unbemerkt

Durch einen kaum meterhohen Mauerdurchbruch sieht man ins Wohnzimmer der mutmaßlich fernöstlichen Bewohner: die Kochstelle, daneben eine Toilettenschüssel. Aufrecht sitzen kann man auf der nicht, dafür ist die Decke zu niedrig, die Lichtaustritt nach außen verhindern soll. Dazu ein winziger Fernseher mit DVD-Laufwerk. Es ist klar - wer hier lebte, der hat sich auf längeren Aufenthalt eingestellt. Und außen sollte keiner merken, dass im Hause Menschen sind. Die Rechnung ist aufgegangen. „Wir haben hier nie was bemerkt. Bis vor anderthalb Jahren kam hier noch regelmäßig ein Besitzer her, der hat das dann aber verkauft. Und seitdem herrscht da Generalruhe in dem Haus“, erzählt ein Anwohner, der aus Angst vor der Drogenmafia anonym bleiben möchte. Wichtig für den Betrieb einer solchen Plantage ist ja nur, dass Strom und Wasser vorhanden sind - und keiner sie bemerkt. Möglich, dass Kommissar Zufall bei der Entdeckung der Plantage half: Vor einigen Wochen fielen beim Sturm große Stücke Dachpappe auf die angrenzende Bundesstraße, das Ordnungsamt sperrte daraufhin den Fußweg vor dem Haus. Den Drogengärtnern jedenfalls muss es vor einigen Tagen schon mulmig geworden sein - die Hausbewohner sind schon vor der Razzia über alle Berge gewesen.

Zweite Durchsuchung in wenigen Wochen

Nicht zum ersten Mal ist die Rauschgiftfahndung in diesem Monat in Coswig unterwegs gewesen. Anfang April hatte die Polizei dort und in Dessau-Roßlau zugeschlagen. In beiden Städten waren Wohnungen und Geschäftsgebäude betroffen. „Durchsucht wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des illegalen Handels mit Betäubungsmitteln“, sagte Polizeisprecher Ralf Moritz. Die Ermittlungen würden gegen vier deutsche Tatverdächtige laufen. Verletzt wurde bei der Razzia niemand, Festnahmen gab es nicht. „Es wurden diverse Beweismittel gefunden und sichergestellt“, so Moritz. Wo, wie viel und welcher Art, das ist noch offen. „Die sicher gestellten Substanzen werden noch analysiert.“

Während der gestrigen Durchsuchungsmaßnahme in Coswig, an der mehrere Beamte der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost und der Landesbereitschaftspolizei beteiligt waren, wurden neben den bereits abgeernteten Pflanztöpfen auch mehrere Kilogramm schon getrockneter Hanfpflanzen und verkaufsfertiges Marihuana aufgefunden und in amtliche Verwahrung genommen. Über den Marktwert der sichergestellten Drogen konnte Polizeisprecher Ralf Moritz am Dienstagabend gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung noch keine Angaben machen.

Die Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Polizeidirektion dauern an - gleichzeitig werden Zeugen gesucht, die Personen beobachteten, die regelmäßig das Objekt  in der Sebastian-Bach-Straße betreten haben. Hinweise sind erbeten an die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost unter 0340/6 00 02 91 oder an [email protected]. (mz)