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Diebstahl Diebstahl: Jäger entdeckt abmontierten Schienenstrang

Von ulf rostalsky 11.01.2013, 18:19

gräfenhainichen/MZ. - Walter Schwiersch ahnt, dass auf der Trasse der alten Grubenbahn zwischen Gräfenhainichen und Oranienbaum etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Auf gut 30 Metern fehlt in einem weiten Gleisbogen eine Schiene. "Wer baut denn so Schienen zurück?", fragt der Mann, der seit Jahren als Jäger im Revier unterwegs ist, das von der Bahnlinie durchschnitten wird und zeigt auf Schlackereste, die beim Einsatz von Schneidbrennern entstehen. Im Abstand von einem bis anderthalb Metern finden die sich im Gleisbett. Schrauben und Muttern, die die Schiene hielten, liegen ebenfalls dort. Auch sie wurden durchtrennt. "Geklaut", sagt Schwiersch.

Die Diebe haben sich wohl bewusst diesen Abschnitt ausgesucht, vermutet er. Man kommt offenbar noch gut heran ans Gleis, ist aus der Ferne wegen des Baumbestandes nicht zu sehen und merkt dennoch, wenn Leute näher kommen. "Stimmt", sagt auch Peer-Uwe Krimpenfort, Geschäftsführer der ELS Eisenbahn Logistik und Service GmbH. Die Firma aus Neustrelitz ist seit Ende November 2011 Eigentümer der Bahntrasse und möchte dort bald wieder Züge rollen lassen. Das geht jetzt natürlich nicht. "Wir haben vom Vorfall nichts gewusst", erklärt Krimpenfort und kündigt an, sich mit der Polizei in Verbindung zu setzen. "Aber am Ende hilft es doch wirklich nur, wenn solche Leute auf frischer Tat gestellt werden." Der Norddeutsche setzt auf Ehrlichkeit und Hinweise aus der Bevölkerung. Die ELS baue derzeit nicht an der Strecke. Die Ruhe lockt offensichtlich Schrottdiebe an. Denn Anzeichen für Schienenklau hat es schon anderenorts gegeben. Karl-Heinz Neumann, einst Geschäftsführer der auf der Grubenbahntrasse mit großen Ambitionen gestarteten und mittlerweile insolventen Mitteldeutschen Eisenbahn Infrastrukturgesellschaft hat "offiziell nichts mehr zu tun mit der Strecke". Allerdings schaue er immer mal wieder auf den Bahngleisen nach. Unterhalb der Brücke der B 100 über die Bahnanlagen waren Schienen und Weichenreste aus den unter seiner Regie veranlassten Sanierungsarbeiten abgelagert. Das Material habe auch schon jemand herausgezogen, so der Eisenbahner.

Für ihn ist auch klar, dass die Trasse zwischen Gräfenhainichen und Oranienbaum besonderer Aufmerksamkeit bedarf. Zwischen Burgkemnitz und Gräfenhainichen würde die alte Grubenbahn praktisch parallel zu den Gleisen der Deutschen Bahn verlaufen. "Das ist immer Bewegung. Da wird auch ständig abgeflogen", ist Neumann sicher. Im weiteren Verlauf sind jedoch nur wenige Leute unterwegs. Walter Schwiersch zum Beispiel. Er vermutet allerdings, dass alles "irgendwann in den letzten zwei Wochen" passiert sein müsse. Der Wittenberger Polizei wurde der Schienenklau erst durch die MZ bekannt.

Nach Informationen der Mitteldeutschen Zeitung sind momentan für Stahlschienen Preise von bis zu 290 Euro je Tonne zu erzielen. Bahnexperten gehen von einem Schienengewicht von gut 60 Kilogramm je Meter aus. Das wiederum würde die große Zahl von Schnittstellen erklären, die anhand der Schlackereste im Gleisbett zu erkennen sind. "Das muss ja bewegt und abtransportiert werden", meint Walter Schwiersch. 30 bis 40 Meter Schiene könnten beim Schrotthandel zwischen 500 und 700 Euro eingebracht haben.

Die Bahneigentümer können jetzt definitiv keinen Zug in Bewegung setzen. "Gut, dass alles bemerkt worden ist", stellt Peer-Uwe Krimpenfort fest und bringt neben dem finanziellen Verlust auch das Argument der Sicherheit ins Spiel. Denn die alte Grubenbahn ist kein Relikt aus vergangenen Zeiten. Sie ist für den Bahnverkehr ganz offiziell zugelassen.