Eisenbahn-Förderverein Die Lok in Wittenberg ist beim Tüv
Der Förderverein bemüht sich um die Pflege des Erbes und auch ums Image der modernen Bahn.

Wittenberg - Während das alltägliche Bahnfahren den betroffenen Kunden wegen des Lokführerstreiks derzeit wieder einmal enorme Probleme beschert, bereiten hiesige Eisenbahnfreaks auch in diesem Jahr eine Veranstaltung vor, die gerade der Image-Werbung der Fortbewegung auf Gleisen dient: Am 18. und 19. September laden der Förderverein Berlin-Anhaltische Eisenbahn und seine Partner zu den beliebten Bahnaktionstagen.
Die Veranstaltung zieht laut dem Vereinsvorsitzen Michael Jungfer jedes Mal verlässlich zwischen 2.500 und 3.000 Besucher an - selbst im Corona-Jahr 2020 sei das so gewesen, berichtet Jungfer, schon allein deshalb, weil es damals eine der wenigen Veranstaltungen war, die überhaupt stattfanden.
Beruf und Hobby
60 Mitglieder zählt der Verein, der sich um die Bewahrung des kulturellen Erbes im Eisenbahnwesen kümmert, wobei hier auch Platz für die ganz kleinen Bahnen ist, es gibt im Förderverein also auch eine Abteilung Modellbau. Was Jungfer und die Seinen in dieser Hinsicht zu etwas Besonderem macht, sind freilich die großen Fahrzeuge, allen voran die Lok V 100 003, die sich in Vereinsbesitz befindet. Gegründet vor 30 Jahren, am 18. April 1991, anlässlich des Jubiläums 150 Jahre Eisenbahn in Wittenberg, startete der Verein mit 15 Mitgliedern, die zu einem Großteil auch hauptberuflich mit der Bahn zu tun hatten und haben.
Auf rund 25 beziffert Jungfer die Zahl der Aktiven. Der überwiegende Teil des Vereins besteht also aus Fördermitgliedern, wobei man wie andere Vereine zwar durchaus Nachwuchsprobleme habe, der Fortbestand auch dank der Verquickung von Beruf und Hobby aber kein Problem sei. Ein gewisses, ein gewichtiges Problem aber stellt die Lok dar, ihr Unterhalt ist kostspielig.
Gebaut 1965, beförderte sie zuletzt im regulären Betrieb, aber auch das ist schon wieder einige Jahrzehnte her, die Fahrgäste der Heidebahn. Dort soll sie auch bald wieder zum Einsatz kommen, ebenso auf anderen Ausflugsfahrten („Sonderverkehren“) im Land Sachsen-Anhalt.

Gegenwärtig befindet sich die V 100 003 in der auf Dampf- und Diesel-Oldies spezialisierten Malowa-Bahnwerkstatt in Klostermansfeld (Benndorf). Zum Tüv, wie Michael Jungfer sagt und gleich eine sehr beeindruckende Zahl hinterher schiebt: Rund 220.000 Euro sind fällig, um die Lok wieder so herzurichten, dass sie auch künftig fahren kann. Das ist nur die derzeitige und eine überschlagsmäßige Berechnung, berichtet Jungfer, weil hie und da beim Auseinanderbauen erfahrungsgemäß immer noch einige Dinge ans Tageslicht kommen. Er gibt dann allerdings zumindest eine leichte Entwarnung: Es handele sich alles in allem um „normalen Verschleiß“.
Trotzdem bleibt es eben eine Riesensumme, und weil das so ist, läuft derzeit auch noch eine Spendenaktion für die ordentliche Wiederherstellung der V 100 003. Auch das Land hat laut Jungfer Geld gegeben, wofür man sehr dankbar sei. Und wie schon einmal, vor zehn Jahren, hoffe man, dass die Kreishandwerkerschaft das ebenfalls notwendige Lackieren der Lok wieder zu einem Jugendprojekt für Azubis macht.
Mit Azubis hat es übrigens auch Michael Jungfer selbst zu tun, mit jungen und in Form von Weiterqualifizierungen auch mit älteren: Er ist Ausbilder bei der Deutschen Bahn. Und, nun ja, Lokführer. Den Streik hält er eigenen Angaben zufolge für sehr gerechtfertigt, betroffen davon sei allerdings nicht die Ausbildung, sondern eben der Fahrbetrieb. Unterdessen ist Weiterqualifizierung, Nachschulung auch ein Thema für den Verein und seine Lok: Das Personal, das die V 100 003 überhaupt noch fahren kann, wird immer knapper. „Wir sind die letzten Mohikaner.“
Bewährtes Konzept
Zu den Bahnaktionstagen erwartet das Publikum unterdessen wieder ein abwechslungsreiches Programm. Es gibt Pendelbetrieb zwischen Hauptbahnhof und dem Veranstaltungsort Bahnbetriebswerk und auch wieder Mitfahrten auf Loks. Dabei zeigte sich Michael Jungfer am Montag zuversichtlich, dass weder Streik noch Corona die Bahnaktionstage gefährden. Es wäre „sehr verwunderlich“, wenn dann noch gestreikt würde, sagte er. Und gegen die Pandemie gebe es ein bereits bewährtes Hygienekonzept. Das gegenüber 2020 sogar etwas entschärft wird: Man muss keine Kontaktdaten mehr hinterlassen. (mz)