Der Kaiser stand an Luthers Grab
Wittenberg/MZ. - Andererseits auch, um viele Geschichten im Zusammenhang mit Luthers Grabstelle in der Schlosskirche zu hören und die alles entscheidende Auskunft zu bekommen: Liegen die sterblichen Überreste des Reformators tatsächlich dort oder wurden sie heimlich an anderer Stelle bestattet, um Schändungen vorzubeugen?
Ausgehend vom Bild, das den deutschen Kaiser (als Sieger gegen das protestantische Bündnis) samt Gefolge nach der Kapitulation der Stadt 1547 in der Wittenberger Schlosskirche zeigt, rollte Volkmar Joestel die Geschichte und die tatsächlichen Begebenheiten anhand authentischer Berichte auf. So schrieb Bugenhagen, dass er den Kaiser an seinem Haus habe vorbeireiten sehen. Jener habe, als er das Kreuz an der Stadtkirche erblickte, sein Haupt entblößt. Nur hinein konnte er nicht - der Küster sei nicht zu finden gewesen.
Wohl kaum ein Thema ist in Wittenberg so mit Legenden behaftet wie die, ob Luther in seinem Grab liegt oder nicht, außer vielleicht noch der Thesenanschlag. Angeblich sei Luthers Leichnam bereits vor dem Schmalkaldischen Krieg ausgegraben und heimlich in Teuchel bestattet worden. Nur je zwei Professoren der Wittenberger Universität hätten um die tatsächliche Grabstelle gewusst. Und dann sei, so Joestel, Ende des 17. Jahrhunderts eine Schrift unter den sächsischen Adligen kursiert, nach der in Rom ein Anschlag auf die Wittenberger Schlosskirche und Luthers Grab geplant sei. Man habe angeblich vor, irgendeinen Leichnam zu stehlen und ihn als Luthers zu verbrennen. "Daran war natürlich nichts wahr", fügte Joestel hinzu.
Tatsache ist, dass 1892, beim Umbau der Schlosskirche in den jetzigen Zustand, zwei Männer trotz des einige Jahre zuvor erlassenen kaiserlichen Verbotes das Grab geöffnet haben. In einer Tiefe von zwei Metern hätten sie einen Sarg gefunden, innen mit Zink verkleidet, die Gebeine seien gut zu erkennen gewesen. Joestel erläuterte zudem die Szene auf dem 1845 gemalten Bild und gab Anmerkungen zu den dargestellten Personen. Darüber hinaus erzählte er eine hübsche Episode, welche Probleme es beim jüngsten Umbau des Lutherhauses gegeben habe, das riesige Bild an seinen jetzigen Platz zu bekommen. Sogar ein Versuch, es mit einem Kran durchs Fenster zu hieven, war gescheitert.