«Das Objekt ist eine Herausforderung»
Wittenberg/MZ. - In der früheren "Unterrichtsanstalt für die weibliche Jugend" haben in dieser Woche die so genannten Modernisierungsvoruntersuchungen begonnen. Ziel sei es, eine Übersicht über die Mängel des Gebäudes zu bekommen, das 1824 errichtet wurde und seit 15 Jahren leersteht, so Wigewe-Geschäftsführer Fritz-Peter Schade. Die Wigewe, Wittenberger Gesellschaft für Wohnungseigentum, ist eine Tochter der Wohnungsgesellschaft Wiwog und als Eigentümerin des Gebäudes federführend bei diesem IBA-Projekt. Entstehen soll ein "Campus im Campus" für US-amerikanische Studentengruppen.
"Das Objekt ist eine Herausforderung", fasst Schade den Zustand der inklusive Hof 2 700 Quadratmeter großen Anlage (Nutzfläche: 1 800) zusammen. Erste Untersuchungen hätten ergeben, dass der Dachstuhl wohl doch nicht in so solidem Zustand ist, wie bisher angenommen: Taubenkot ist ein Problem, und der Schwamm nistet im Gebälk. Was die bis dato veranschlagten 4,5 Millionen Euro für Sanierung und Umbau eine ungefähre Größe sein lässt (wobei Finanzierung und Förderung derzeit ohnehin noch offen sind).
Aber Schade wäre nicht Schade, wenn er das Wort "Herausforderung" nicht auch positiv meinen würde: "Wir sind Feuer und Flamme." Noch in diesem Jahr soll im Wigewe-Aufsichtsrat die endgültige Entscheidung fallen, so dass, und jetzt wird der Wigewe- und Wiwog-Geschäftsführer angesichts zweifelnd hochgezogener Augenbrauen energisch, 2010 etwas "Vorzeigbares" entstanden sein wird. "Wir wollen das ,I' der IBA realisieren", internationales, junges Publikum in die Stadt bringen. Mit dem Braunschweiger Reiseveranstalter "Christian Tours" hat man einen Partner gefunden, "der sich auf dem amerikanischen Markt auskennt" und das Haus als Mieter betreiben möchte als "Gast-Uni" für verschiedene Universitäten in den USA. (Vom Tisch ist damit das ursprüngliche Konzept, die Jüdenstraße 8 zur Außenstelle einer einzelnen Uni zu machen.)
"Es fehlen uns Kapazitäten", erklärt "Christian Tours"-Chef Christian Eggert, warum er bezüglich der Jüdenstraße 8, so wörtlich, "mit den Hufen scharrt". Seit 2002 organisiert Eggert regelmäßig Aufenthalte von US-Studenten und -dozenten in Wittenberg; 673 Menschen kamen allein im vergangenen Jahr, keineswegs nur Theologen und Historiker, sondern etwa auch angehende Lehrer. So reiche die Wittenberg-Warteliste für Professoren an der "Ashland"-Universität in Ohio, mit der "Christian Tours" bereits im vierten Jahr zusammenarbeite, bis 2011.
Galt es laut Eggert also schon bisher in US-Uni-Kreisen als schick, einen Wittenberg-Aufenthalt im akademischen Lebenslauf aufweisen zu können, so dürfte die vorgesehene Konzentration von Studieren und Wohnen (und Cafeteria und Waschsalon) in einem Haus die Attraktivität der Lutherstadt als Studienort noch steigern. Bisher war es so, dass die Studenten zum Teil in Wiwog-Gästewohnungen untergebracht wurden. Vorgesehen sind 20 Zimmer (ohne Telefon, ohne Fernseher, dafür mit Schreibtisch) für insgesamt 40 Studenten und vier Klassenräume.
Wie Fritz-Peter Schade spricht Christian Eggert von einem "klasse Konzept". Bleibt bloß die Frage der Finanzierung. In der kommenden Woche sollen die Gespräche zwischen Wigewe und Christian Tours fortgesetzt werden.