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Probleme der Bauwirtschaft Chef der Wittenberger Bau-Union redet Klartext und kritisiert ausufernde Bürokratie

Beim Besuch des Bundestagsabgeordneten Sepp Müller bei der Wittenberger Bau-Union beklagt Geschäftsführer Kurt Bolz ausufernde Bürokratie und Probleme bei der Nachwuchsgewinnung.

Von Marcel Duclaud 23.06.2024, 10:34
Am Eingang des Verwaltungsgebäudes der Bau-Union: Kurt Bolz (l.) und Sepp Müller
Am Eingang des Verwaltungsgebäudes der Bau-Union: Kurt Bolz (l.) und Sepp Müller (Foto: Marcel Duclaud)

Wittenberg/MZ. - Die Bau-Union aus Wittenberg ist ein bekanntes und erfolgreiches Unternehmen in der Region. Beschäftigt werden nach den Worten von Geschäftsführer Kurt Bolz, der inzwischen 80 Jahre alt ist und seinen Abschied allmählich ins Auge fasst, in drei in einer Holding zusammengeschlossenen Firmen aktuell rund 110 Mitarbeiter. Der Jahresumsatz liegt zwischen 16 und 17 Millionen Euro, sagt der Chef.

Gesundes Unternehmen

Dass es dem Unternehmen trotz der aktuellen Krise in der Baubranche noch recht gut geht, versichert Bolz gegenüber dem Bundestagsabgeordneten Sepp Müller (CDU), der der Bau-Union am Donnerstag einen Besuch abgestattet hat: „Wir haben was geschafft und wir sind gesund.“

Die Probleme gegenwärtig seien trotzdem erheblich, berichtet der Firmenchef und nennt zum Beispiel die großen Schwierigkeiten, Auszubildende zu finden: „Wir sind überall, etwa bei den Messen und haben inzwischen fast aufgegeben.“ Heftig kritisiert Bolz vor dem Gast aus dem Bundestag auch ausufernde Bürokratie, immer komplizierter werdende Genehmigungsverfahren und spricht außerdem von einer sich verfestigenden Zwei-Klassen-Gesellschaft. Er meint damit Angestellte im öffentlichen Dienst und „aufgeblähte Verwaltungen“ auf der einen und eine in diversen Zwängen steckende Wirtschaft auf der anderen Seite. Dass Mitarbeiter auch von Bauunternehmen in gut bezahlte Jobs in Verwaltungen wechseln, sei kein Einzelfall.

Das bestätigt einer der weiteren Geschäftsführer des Wittenberger Unternehmens, Maik Pinnig: „Wir verlieren Leute an den öffentlichen Dienst.“ Das habe nicht zuletzt mit den jüngsten Tariferhöhungen dort zu tun. „Da haben wir ein Riesenproblem.“

Im Übrigen stecke die Bauwirtschaft seit rund einem Jahr in einer „festen Krise“. Unter anderem mit der Folge, dass der Eigenheimbau auf den Markt dränge, wo die Bau-Union seit Jahrzehnten erfolgreich ist, bei Industrie- und Gewerbebau etwa. Dass die Öffentliche Hand sich mit Aufträgen stark zurückhält, sei ebenfalls nicht zu übersehen. Als weiteren hinderlichen Punkt nennt Pinnig „zu hohe Standards beim Wohnungsbau“. Seine Befürchtung: „Wenn es mit der Bauwirtschaft bergab geht, zieht das andere Branchen mit.“

Auch das Thema der ungeregelten Migration ist angesprochen worden beim Besuch des Bundestagsabgeordneten bei dem Bau-Unternehmen aus Wittenberg, nicht zuletzt deshalb, weil Menschen, die nicht arbeiten, trotzdem jahrzehntelang vom Staat finanziert würden. „Das nervt die unteren Einkommensschichten“, heißt es in der Runde.

Müller bestätigt: „Die Migration treibt die Leute um.“ Allerdings sei zu unterscheiden zwischen Arbeitskräfteeinwanderung und eben der Migration. Wenn über 40 Prozent der Beschäftigten in den nächsten 15 Jahren in den Ruhestand gehen, wie das prognostiziert wird, dann könne dies nicht kompensiert werden: „Das funktioniert schon mathematisch nicht. Wir brauchen qualifizierte Einwanderung.“ Was Asylsuchende betrifft, plädiert der Christdemokrat für Asylverfahren in Drittländern: „So wie Großbritannien das machen will.“ Die Aufnahmekapazitäten in Deutschland seien schlicht erschöpft. Er fügt indes hinzu: „Man muss aber auch ehrlich sagen, jene, die schon hier sind, werden wir schlecht los.“

Um die „sich in Schieflage befindende Wirtschaft“ wieder flott zu kriegen, braucht es aus seiner Sicht einige weitere Veränderungen. Der Politiker nennt das Bürgergeld, das aus seiner Sicht kein „sozialer Kitt, sondern sozialer Sprengstoff“ sei. Die „hart arbeitende Mitte wird vergessen“, sagt der CDU-Mann und erwähnt einmal mehr das Beispiel Griechenland, wo nur ein Jahr Arbeitslosengeld gezahlt werde: „Danach muss sich die Familie kümmern.“

Schlankere Verwaltung

Eine „Verschlankung der Verwaltung“ hält Müller ebenfalls für nötig, zudem die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Was aber natürlich weniger Bürgerbeteiligung bedeute, wie er einräumt. Im Übrigen plädiert Müller dafür, Abschied zu nehmen von starren Altersgrenzen beim Wechsel in den Ruhestand und für mehr Flexibilität bei diesem Thema. Nicht zuletzt das könne helfen, dem Mangel an Fachkräften zu begegnen.