Kandidaten im Gespräch Bundestagswahl 2017 - Kandidaten im Gespräch: Angela Schwarz (Freie Wähler) - Unbeschriebenes Blatt

Wittenberg - Fragte man sie nach ihrem Motto, so würde sie mit „These 96“ antworten: „Höre niemals auf, quer zu denken.“ Auf der politischen Bühne mag Angela Schwarz ein Frischling sein, Ideen zu haben, das aber reklamiert sie für sich. Warum, fragt sie, nicht den Bürger per Losentscheid zur Beteiligung an der Politik verdonnern? Wie in der Antike - und wie, vielleicht, „Ende dieses Jahrhunderts“. Utopie? Ja. Jetzt aber ist erst einmal die Bundestagswahl dran. Darüber sprach Irina Steinmann mit der Kandidatin der Freien Wähler.
Viele Wittenberger kennen Sie möglicherweise noch als Leiterin des Stadtsingechors, die Sie lange Jahre waren. Auf der politischen Bühne sind Sie bisher gar nicht aufgefallen. Daher als erstes an Sie als Neuling die vielleicht freche Frage: Was qualifiziert Sie denn für ein Bundestagsmandat?
Schwarz: Meine berufliche Erfahrung. Ich glaube, dass ich jetzt in meinem Berufsleben so viele Menschen kennengelernt und Konflikte gelöst habe, dass ich überzeugen kann, wenn es darum geht, Menschen zusammenzubringen. Und darum geht es doch letztlich auch in der Politik: unterschiedliche Standpunkte durch Kompromissfähigkeit zusammenzubringen, einen Konsens zu finden. Das ist wie im Umgang mit dem Betriebsrat.
Warum möchten Sie dann auch in den Bundestag einziehen?
Viele Bürger benötigen Hilfe, sie wissen nicht, wie sie an Informationen herankommen. Sie sind deshalb vielfach orientierungslos und oft hilflos im Umgang mit Behörden. Ich kenne mich da aus und kann so vermitteln, wie ein Mediator. Das ist mein persönlicher Antrieb. Außerdem: Ich wurde gefragt - wer soll’s machen?
Trotzdem kommt Ihr Engagement für Außenstehende ein bisschen plötzlich...
Da muss ich jetzt etwas weiter ausholen. Vor zwei Jahren, als hier alles eskalierte, als Respektlosigkeit einzog, da habe ich mir gedacht, du musst was tun, sonst hast du später Schuldgefühle.
Da sind Sie in der Flüchtlingsfrage also ganz bei Ihrer Namensvetterin?
Nein, ganz und gar nicht. Ich werfe ihr Planlosigkeit vor. Wir brauchen dringend ein Einwanderungsgesetz. Warum haben wir das noch nicht? Wir brauchen doch Zuwanderung, jeder kennt die demografische Entwicklung.
Angela Schwarz ist 61 Jahre alt und wohnt im Wittenberger Ortsteil Reinsdorf. Sie lebt in einer festen Partnerschaft, hat einen Sohn und ist Großmutter.
Die studierte Betriebswirtin ist in leitender Funktion in einem kleinen Chemiebetrieb in Piesteritz tätig und dort u. a. für Buchhaltung, Personal und Qualitätsmanagement zuständig. Schwarz, die 1987 im Stickstoffkombinat begann, hat vier „Betriebsübergänge“ mitgemacht - und dabei jeweils neue Aufgaben hinzugewonnen.
An Hobbys mangelt es nicht. 22 Jahre, bis 2009, leitete sie den Stadtsingechor, bis heute ist sie, als Moderatorin und Sängerin, dem Wittenberger Blasorchester treu geblieben. Yoga, Square Dance und Gartenarbeit mag/macht sie auch.
So ein Gesetz könnte die Einwanderung aus wirtschaftlichen Gründen regeln. Aber die Flüchtlinge?
Da muss die EU mit ins Boot. Dass es mit der gerechten Verteilung in Europa nicht klappt, ist ein Unding.
Wofür möchten Sie sich sonst noch im Bundestag einsetzen, was ist Ihr Schwerpunkt?
Familie und Bildung, ganz klar. Ich bin für eine möglichst kostenfreie Kinderbetreuung und dafür, dass Schulbücher nichts kosten.
Lernmittelfreiheit für alle - auch „Reiche“, ist das gerecht?
Ich gehe sogar noch weiter: Ich bin für ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle. Unsere Gesellschaft muss sich verändern: Wir haben eine riesengroße Schere zwischen Arm und Reich. Das geht nicht. Wir müssen die Ergebnisse der Arbeit gerechter verteilen und ein Mittel hierzu kann das bedingungslose Grundeinkommen sein.
Das fordern auch Politiker anderer Parteien.
Mag sein. Ich bin jedenfalls davon überzeugt, dass diese finanzielle Freiheit der Bürger Innovationen freisetzt und die Gesellschaft voranbringt.
Die Gesellschaft schrumpft...
Wir werden den Demografie-Wandel nicht aufhalten können. Aber abschwächen: indem wir die Familien stärken. Es geht nicht mehr nur um Geld, es geht um die Work-Life-Balance von Eltern. Arbeitgeber müssen hier mehr gefordert werden, vielleicht durch Steuerentlastungen im Gegenzug. Dafür möchte ich mich einsetzen. Und auch für ein bundeseinheitliches Bildungssystem, ein zentrales Abitur - das war übrigens gut an der DDR.
Wie bringen Sie Ihre Botschaften unter die Leute? Plakate habe ich keine gesehen.
Ich plakatiere nicht. Das ist total sinnlos, rausgeschmissenes Geld. Ich nehme an einigen Podien teil, heute Abend etwa in Annaburg.
Was, wenn Sie scheitern?
Dann versuche ich es in der Kommunalpolitik. (mz)