Brautkleid aus einem Hauch von Fallschirmseide
Piesteritz/MZ. - Fast drei Stunden war das Trio ihn den Kellerräumen des Piesteritzer Ärztehauses unterwegs. "Wir hätten noch mal so lange bleiben können und hätten doch nicht alles gesehen", ist sich die Mutter sicher. Dem konnte Vereinsmitglied Roswitha Klabes nur zustimmen. Denn immerhin umfasst der Fundus rund 150 000 Sachzeugnisse, die in den zahlreichen Räumlichkeiten untergebracht sind.
Es gibt aber nicht nur Dinge zu sehen, die im real existierenden Sozialismus zum Alltag gehörten, sondern der Bogen spannt sich bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts hinein. "Eines unserer Prunkstücke." Bei diesen Worten streicht die Verantwortliche für das Lernprojekt, Sabine Hennig-Vogel, ganz vorsichtig über ein weißes Brautkleid aus Fallschirmseide, das nach ihrer Meinung aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges stammen muss. Dieses, wie auch andere Kleidungsstücke aus den zwanziger- und dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts, werden in speziellen Kartons aufbewahrt, die mit säurefreiem Papier ausgelegt sind. "Schließlich wollen wir diese noch ganz lange unseren Besuchern zeigen können", sagt sie.
Aber nicht nur das. Denn das Fernsehen ist längst auf diesen unzensierten Fundus aufmerksam geworden. "Für den Film, Flucht und Vertreibung' wurden nicht nur Kleidungsstücke gebraucht, sondern auch ein Kinderwagen, Haushaltsgeräte und Möbelstücke", erzählt Sabine Hennig-Vogel und ergänzt, dass auch Ausstellungen in anderen Kreisen vom Fundus profitieren. Beispielsweise habe unlängst das Erfurter Stadtmuseum eine Ausstellung, die mit dem Kriegsende vor 60 Jahren gewidmet war, mit Zeitzeugen aus dem Fundus ergänzt.
Wie Roswitha Klabes erzählt, sei sie während eines Rundganges mit einem Ehepaar aus Göttingen ins Gespräch gekommen. Dieses hätte beim Betrachten festgestellt, dass die Entwicklung in West- und Ostdeutschland bis zum Ende er 60er Jahre doch nicht so unterschiedlich wie später verlaufen sei. So habe es im Westen das Perlonkleid gegeben, das in der DDR Dederon hieß, Spielzeug und Hausrat sei ebenfalls ähnlich gewesen.