Betrug Betrug in Wittenberg mit Gewerbe-Register: Eilige Abzocke wird auch in der Lutherstadt versucht

Wittenberg - Mitunter haben auch unseriöse Geschäftemacher keine Zeit: Mit „Eiliger Benachrichtigung“ ist die Post überschrieben, die derzeit massenweise die Gewerbetreibenden der Stadt Wittenberg erhalten.
Die Unternehmer sollen sich bis zum 26. Oktober per Fax oder Post bei Lutherstadt-wittenberg.regista.online registrieren lassen. Die Schreiben sehen wie eine behördliche Anfrage aus. Es geht um „die Einrichtung des zentralen Gewerbeindex“ im Internet.
Tatsächlich handelt es sich aber um ein Angebot zum Abschluss eines Vertrages über einen „Standardeintrag“, dessen Kosten 348 Euro pro Jahr betragen. Der Vertrag ist auf drei Jahre angelegt und verlängert sich ohne Kündigung um je ein weiteres Jahr. Abgezockt wird mit der Methode in ganz Deutschland.
Wer dubiose Schreiben aus Malta oder ähnliche Trickformulare erhält, sollte sie einfach ignorieren. Selbstverständlich sollten die Empfänger auch die dreisten Erinnerungsschreiben einfach in den Papierkorb werfen. Wer schon unterschrieben hat, muss aber schnellstmöglich reagieren. Eine ordentlich formulierte und zugestellte Anfechtung ist dabei eine richtige Erste-Hilfe-Maßnahme. Dafür darf aber keinesfalls das Wort „Widerruf“ verwendet werden, das wäre juristisch nicht korrekt. Die Forderung einfach zu begleichen, löst das Problem allerdings nicht. Im Fall der Fälle lohnt sich eine rechtliche Beratung durch einen Anwalt. Die Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK) verfolgt das Vorgehen der Betrüger mit wachsendem Unmut. „Leider ist diese Masche seit Jahren erfolgreich“, sagt ein IHK-Sprecher.
Dabei wird dem Titel Regista-online der Name der Stadt vorangestellt, in der der Angeschriebene seinen Sitz hat. Seit vergangenem Mittwoch warnt ein Berliner Abofallen-Spezialist vor dem Unternehmen. „Die alte Masche zieht offenbar immer wieder“, so Thomas Maier-Bading auf seiner Homepage. Und der Anwalt befürchtet: Die Geschäftsführer werden noch massive Mahnungen erhalten. „Lassen Sie sich davon aber nicht einschüchtern“, empfiehlt der Mann aus der Hauptstadt.
Sein Wittenberger Kollege Stefan Nopper weiß, was zu tun ist. „Meine Tochter hat solch einen Brief erhalten. Ich habe ihn sofort zerrissen“, berichtet er am Montag auf MZ-Anfrage. Er hat eine Vermutung, woher seine Daten stammen könnten: „Mein Name steht offensichtlich in mehreren Registern in Malta“, so der Wittenberger.
Der Jurist hat offensichtlich gründlich recherchiert. Auf den Schreiben wird aber nur eine Leipziger Faxnummer erwähnt, und im Internet gibt es eine Mailadresse. Die MZ hat am Montag beide Kontaktmöglichkeiten erfolglos ausprobiert. Das überrascht nicht, das Unternehmen ist weder im deutschen noch im englischen Handelsregister auffindbar. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nur im Internet veröffentlicht sind, wird als Sitz eben Malta angegeben.
Die Homepage selbst soll Seriosität vermittelt. Wittenberg ist mit dem städtischen Bürgerbüro und dem Standesamt, der Kreismusikschule, den Luthergedenkstätten und der Agentur für Arbeit, dem Kommunalservice und mit dem Entwässerungsbetrieb dabei, selbst die Polizei ist mit einem Sportverein auffindbar und auch die Stadtwerke. „Wir bekommen oft solche Post und Faxe. Doch die werden bei uns sofort vernichtet“, heißt es aus dem Vorzimmer des Chefs vom Energieversorger.
Die Betrüger sind möglicherweise internationale Trittbrettfahrer. Sie verwenden - wie eine Firma in Bonn für ihr „Zentrales Gewerberegister“ - einen vermeintlichen Bundesadler. Der hat aber zwei Köpfe. Strafrechtlich ist das ein geschickter Schachzug. Den Verfassern der Schreiben kann noch nicht einmal vorgeworfen werden, ein hoheitliches Zeichen - das ist eindeutig verboten - verwendet zu haben. Der zweiköpfige vermeintliche Bundesadler ist das Wappen des Königreichs Albanien (1928 bis 1939).
Aber auch die aktiven Trickbetrüger können auf eine lange Historie in Deutschland verweisen. Schon in den 50er Jahren wurden aus den Gelben Seiten die Angaben von Unternehmen ausgeschnitten und per Brief den Firmenchefs vorgelegt mit der Bitte, die Daten zu überprüfen - eben für ein „Branchenbuch“.
„Und das für ein Schweinegeld“, sagt Maier-Bading. Die Masche habe in den Zeiten des Internets aber stark zugenommen. So sei der Trick mit dem „Zentralen Gewerberegister“ seit März 2015 auf dem Markt. Jetzt gibt es offensichtlich eine aktuellere Variante. „Aber auch das ist ein Fake“, so Reviersprecherin Cornelia Dieke. Derzeit gibt es in Wittenberg eine Strafanzeige. „Das Problem ist, die Betrugsabsicht zu beweisen, weil im Kleingedruckten die Gebühren stehen“, sagt ein Ermittler der MZ und spricht von einer „Grauzone des Rechts“. (mz)