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Begeistertes Schrauben am «Mopped»

Von Ute Otto 23.05.2007, 16:16

Zschornewitz/MZ. - Die Mutti von Daniela Höhne aus Jessen scheint eher skeptisch, was den Berufswunsch ihrer Tochter - Mechatronikerin für Zweirad-Kfz-Technik - betrifft. Weshalb Frau Höhne, wie Holger Menne, Ausbildungsleiter bei der AWU Bildungsgesellschaft in Zschornewitz, erzählt, ihn telefonisch derartig instruiert habe.

Dabei dürfte Danielas Berufswunsch erst recht für die Frau Mama gar kein Wunder sein. Laut Daniela fahren die Eltern beide Motorrad, der Vater sogar Moto-Cross, und auch das Mädchen sitzt seit seinem vierten Lebensjahr auf Crossmaschinen beim MC Jessen. Und so fühlt sich die 14-Jährige pudelwohl zwischen den Maschinen und Motoren in der Zschornewitzer Ausbildungswerkstatt.

Dort absolviert sie ein viertägiges Schnupperpraktikum im Rahmen der von der Agentur für Arbeit in Zusammenarbeit mit dem Zschornewitzer und zwei weiteren Bildungsträgern aus Wittenberg (BBW und BBZ) organisierten Projektwoche "Vertiefte Berufsorientierung".

Insgesamt 37 Jugendliche aus dem Landkreis sind dem über die Schulen verteilten Angebot gefolgt, davon kommen 13, vornehmlich aus der Ferropolis-Schule, aber auch aus der Sekundarschule Oranienbaum, nach Zschornewitz. Dabei haben Daniela und Steven Blei aus Jessen den weitesten Anreiseweg. 5.30 Uhr müssen sie aus den Federn, um den Zug zu schaffen. Und das in den Ferien!

Die AWU hat laut Menne für diese Zeit je einen Lehrmeister in der Metallwerkstatt und in der Zweirad-Werkstatt "freigeschaufelt", so dass diese sich von 9 bis 14 Uhr ausschließlich den Schülern widmen können. Ganz dem Wunsch von Danielas Mutter entsprechend, lässt Meister Manfred Seiffert die Praktikanten Teile aus den Motorrädern aus- und wieder einbauen, erklärt ihnen am Modell das Geheimnis der Schaltung, weiht sie in die Elektronik der Yahamas und anderen Marken ein, arbeitet mit ihnen am Prüfstand.

"In knapp einer Woche kann man natürlich nicht allzuviel vermitteln", sagt Holger Menne. "Aber wir lassen sie hineinschnuppern, so tief es nur geht." Lehrstellen in der Zweirad-Kfz-Technik sind rar, bestätigt Seiffert. "Motorradwerkstätten sind eine Nische in der Kfz-Branche, es gibt viel weniger Werkstätten als für Autos und das sind zumeist kleine Familienbetriebe, die sich wirklich nur ausgesuchte Lehrlinge leisten." Hinter Mathe, Physik, Chemie möchte auf dem Realschulabschlusszeugnis mindestens eine Drei, tendierend zur Zwei, stehen, so Seiffert zu den Voraussetzungen. Und Englisch ist wichtig! Denn: "Die Betriebshandbücher sind heutzutage alle in Englisch verfasst." Fahren doch viele Importmaschinen aus Asien oder Italien auf den Straßen. Auf die Frage, ob sie die Voraussetzungen erfüllen, kommt von den Ferropolis-Schülern Jörg, Christoph und Dominik schon mal ein festes "Ja".

Wer von den jetzigen Praktikanten Glück haben und eine der begehrten Lehrstellen im Bereich der Handwerkskammer Halle erwischen sollte - was durch ein solches zertifiziertes Ferienpraktikum durchaus begünstigt werden dürfte - wird Meister Seiffert übrigens wiedersehen. Die AWU ist Lehr- und Prüfungswerkstatt für die überbetriebliche Ausbildung der Handwerkskammer.

Daniela und auch Steven haben noch gut zwei Jahre Zeit, ehe sie sich für einen Lehrberuf entscheiden. Und für Mechatroniker gibt es noch viele andere Betätigungsfelder. Mit einem ganz zukunftsträchtigen bekommen die Praktikanten bei der AWU ebenfalls Kontakt: der Solartechnik. In der Metallwerkstatt haben die Mädchen und Jungen bis gestern kleine Solarventilatoren gebaut. Heute dürfen sie bei der ebenfalls unter dem Dach der ehemaligen Asta-Lehrwerkstatt angesiedelten ZEM-Solartechnik sogar richtige Solaranlagen montieren. Schließlich ist das, wie Menne sagt, "die Branche der Zukunft in dieser Region."