Balsam für die kranke Seele in der kunterbunten Villa
WITTENBERG/MZ. - Olaf Schieche, Motopäde in der Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Wittenberg, benutzt gern so einfache Haushaltsgegenstände für seine Therapie. Zum Abreagieren nimmt er übrigens Fliegenklatschen und Luftballons. "Das ist lustiger als der Sandsack", sagt er.
Dass Schieche und seinen Kollegen die Arbeit in der Klinik Spaß macht, ist ihnen und auch den Räumen anzusehen. An den Wänden hängen Bilder und Wandzeitungen, die Fenster sind bunt bemalt, farbige Tücher über den Lampen dimmen das Licht. Wie in einer Klinik sieht es hier nicht aus. "Das wollen wir auch nicht", sagt Psychologin Doreen Heidmann, die am Freitag zum Tag der offenen Tür Gäste durch die alte Villa führte.
So zeigte sie ihnen unter anderem den verträumten Snoezele-Raum, das Spielzimmer mit Puppenhaus und Sandtisch sowie die Schulzimmer, in denen zwei Unterrichtsstunden pro Tag erteilt werden.
In der Klinik können bis zu 18 Kinder und Jugendliche, verteilt auf drei Gruppen, behandelt werden. "Ihre Störungsbilder sind oft so stark, dass sie ambulant nicht mehr zu lösen sind", so Heidmann. Die von 7.30 Uhr bis 15.30 Uhr währende Betreuung in der Tagesklinik biete gegenüber einer vollstationären Therapie den Vorteil, dass die Patienten nicht vollständig aus ihrem Lebensumfeld gelöst würden, sondern jeden Nachmittag nach Hause gingen.
Ärzte, Lehrer, interessierte Eltern mit ihren Kindern - die Mischung der Besucher am Freitag war genauso bunt wie das Haus. Bei Ergotherapeutin Friederike Ehrig konnten sie kreativ werden. "Bei Kindern und Jugendlichen erfährt man viele Dinge nicht über die Sprache, sondern dadurch, wie sie sich verhalten", sagt sie.
Durch ihre Arbeit mit den jungen Patienten könne sie Symptome schnell erkennen - sei es Zwanghaftigkeit, schnelles Aufgeben oder Schwierigkeiten mit der Motorik. Außerdem, sagte sie, sei das Kreativsein gut beim Abbauen von innerem Druck. Ehrig: "Da helfen dann Sägen oder Feilen. Das wird manchmal ganz schön laut hier."
Nebenan tummelt sich eine Meerschweinchenmutter mit ihren Kindern in einem Käfig. Die Tiertherapie ist laut Heidmann heiß begehrt. Vier Patienten haben auch die Möglichkeit, ein Mal pro Woche mit Pferden zu arbeiten. Es bekomme nicht jeder Patient die gleiche Therapie.
Wichtig ist laut Oberarzt Joachim Perlberg vor allem die Zusammenarbeit mit den Eltern. "Wir machen ihnen keine Schuldgefühle, sondern wollen sie aufklären und unterstützen", sagt er. In Familiengesprächen und Therapien, wie zum Beispiel dem Mutter-Kind-Snoezeln, versuchen die Mitarbeiter, den Eltern ein Gefühl für die Probleme ihrer Schützlinge zu vermitteln.