B 100 bei Gräfenhainichen B 100 bei Gräfenhainichen: Unbekannte reißen Jagdkanzeln um

Gräfenhainichen/MZ - Die Polizei formuliert es in ihrer Pressemitteilung kurz und knapp: Jagdkanzeln beschädigt! „Unbekannte hatten beide Kanzeln entlang der B 100 am Gräfenhainichener Ortsausgang aus der Verankerung gerissen und umgekippt“, heißt es aus dem Wittenberger Revier.
Mit brachialer Gewalt
Für Walter Schwiersch klingt das eher nach einer Untertreibung. „Ich habe so etwas noch nie erlebt“, sagt der Mann, der seit 45 Jahren Jäger ist. Durch Vandalismus beschädigte Hochsitze oder eine angesägte Treppe, das sei in den vergangenen Jahrzehnten schon mal vorgekommen. Doch der jetzige Anschlag sei eine ganz andere Dimension, sagt Schwiersch. Die Unbekannten seien „quer über ein Feld mit einem Radlader oder einem Schaufel-Traktor“ zielgerichtet zu den Jagdkanzeln gefahren und haben sie zerlegt - und das am helllichten Tag. Es geht um eine massive Zerstörung durch brachiale Gewalt mit Hilfe von Technik.
„Als ich am Sonnabend um 8 Uhr in den Wald gegangen bin, war alles noch in Ordnung, auf den Rückweg um 12 Uhr habe ich den Schaden entdeckt“, erzählt Schwiersch, der über die Motive der Tat rätselt. Er habe Moto-Crosser gestoppt. „Die waren mit Motorrädern ohne Nummernschildern unterwegs und wollten mein Revier als illegale Rennstrecke nutzen“, so der Gräfenhainichener, der einen Racheakt nicht ausschließen will. Der Mann ist überzeugt, dass Fahrzeuge nicht aus Versehen gegen die Jagdeinrichtungen gestoßen sind. „Die Agrargenossenschaft war am Tat-Tag nicht im Einsatz“, hat Schwiersch selbst in Erfahrung gebracht. Dass der Jäger quasi jetzt Detektiv spielt hat seinen Grund: Er zeigt sich enttäuscht darüber, dass die Ermittler noch nicht einmal die Reifenspuren im Feld gesichert haben. Der Gräfenhainichener will jetzt die Unbekannten selber finden. „Ich setze 100 Euro für Hinweise zur Aufklärung der Straftat aus“, so der „Detektiv“.
Das hat auch Gerd Braunsdorf getan. Der Jagdpächter aus Bietegast hat 2012 nach einer Serie von Brandanschlägen auf Hochsitze im Bereich Rackith 500 Euro zur Ergreifung der Täter ausgesetzt. Immerhin wurde die erste Kanzel schon 18 Monate zuvor abgefackelt. Zwar ist die Vorgehensweise - in der Region Kemberg wurden Brandbeschleuniger eingesetzt - sehr unterschiedlich, trotzdem gibt es Parallelen. Auch der 37-Jährige glaubt nicht an Zufall und bescheinigt dem Feuerteufel: „Der kennt sich aus.“
Brände vernichten meist auch die Spuren der Verursacher, so stehen die Ermittler hier vor einer besonders schweren Herausforderung. „Die Polizei hat zwei Fotos gemacht und das war es“, sagt Braunsdorf. Die Brandstifter, das bestätigt gestern die Polizei, konnten nie gefasst werden. Aber auch die Aktion mit den 500 Euro bringt keinen Erfolg. „Es gab nicht einen Hinweis“, fällt die Bilanz wenig erfreulich aus. Doch es hat bisher nicht wieder gebrannt. „Die Täter haben mein Foto in der Zeitung gesehen und wissen seitdem, dass mit mir nicht zu spaßen ist“, scherzt Braunsdorf.
Dass der Gräfenhainichener Fall doch noch aufgeklärt wird, darauf hofft Martin Gersch. „Wer kommt samstags an einen Radlader ran?“, fragt der Kreisjägermeister rhetorisch und sieht das schon als einen wichtigen Ansatzpunkt für weitere Recherchen. Trotzdem warnt er vor übertriebenem Optimismus. Die Polizei müsse Schwerpunkte setzen. Sachbeschädigungen würden nicht dazu gehören. Gersch outet sich als Gegner der Polizei-Reform. Die „großen Politiker“ sollten nicht weiter Personal einsparen.
Massive Drohungen einer Frau
Ob aber die Vandalen unter den sogenannten Jagdgegnern zu suchen sind, will der Kreisjägermeister nicht unbedingt bestätigen. „Die gibt es“, räumt der Experte ein und fügt hinzu: „Da kannst du dir nie ganz sicher sein“. Vor einer Drückjagd im November 2013 habe es zuletzt „massive Drohungen von einer Frau“ gegeben. „Wir haben daraufhin Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Es ist nichts passiert“, betont Gersch, der auch ganz andere Motive für möglich hält. Hinweise zur Aufklärung der Straftat nimmt Walter Schwiersch unter 0176/22 82 50 28 entgegen.