Auktion in Wittenberg Auktion in Wittenberg: Ausverkauf bei Leuchtenbau

Wittenberg - Wehmut? Ach was, winkt Andreas Messal ab, das sei ja nun alles auch schon wieder über ein Jahr her. Messal war der letzte Leuchtenbauer, Ende 2017 ging in dem Wittenberger Traditionsbetrieb, der KG war und VEB und GmbH, endgültig das Licht aus. An diesem Donnerstag ist Messal - 62 Jahre, 45 Arbeitsjahre - zurückgekehrt in seinen Betrieb.
Grund ist die Versteigerung des Inventars. Als heutiger Mitarbeiter des benachbarten Pumpenbauers Homa, des Auftraggebers der Auktion, erläutert der gelernte Dreher Interessenten in spe bei Bedarf die Artikel, Maschinen, Geräte und Produktionsteile, die unter den Hammer kommen.
Kein Gas, kein Funke
Von ihm kann man auch erfahren, was das Besondere an den Ex-Leuchten ist, die hier produziert wurden bis zuletzt und, wie sich Messal erinnert, etwa nach England exportiert wurden: Sie explodieren nicht, weil kein Gas eindringen und kein Zündfunke dieses in Brand setzen kann.
So in etwa erklärt das Prinzip auch Reinhard Richter, Elektriker im Ruhestand aber weiter Hobbyfrickler, da ist so eine Auktion natürlich eine Fundgrube. Aber jetzt, sagt Richter rund zwei Stunden nach Auktionsbeginn, habe er seine Geschäfte zumindest „im Großen und Ganzen“ abgeschlossen und kann seine Frau auf ihrer Nostalgietour durch die Hallen begleiten.
Ute Richter hat sie geputzt, das muss in den 1980ern gewesen sein, rechnet sie kurz nach, jede einzelne durchsichtige Röhre, aus der am Ende eine Ex- bzw. „Paul Mrosek“-Leuchte wurde. Dort habe ihr Arbeitstisch gestanden, weist sie quer durch die Halle auf eine Platz am Fenster. „Man muss überlegen, wo was war“, sagt sie dann. Verdammt lang her.
Hier in der Halle im ersten Obergeschoss von einem der drei langgestreckten Bauten an der Bahnstraße gleich neben dem Dialysezentrum ruft Auktionator Frank Ehlert an diesem Tag im Takt von wenigen Sekunden mehrere Hundert Posten auf. Zwei bis drei Dutzend Bietwillige, meist Männer, teils älter, folgen seinen knappen Ausführungen, hinzu kommen Interessenten, die die Auktion parallel online verfolgen. Immer wieder befeuert das Internet die Gebote im Saal. 15 - 20 - 25 - 30 - 35 Euro - der Saal bietet lange mit, am Ende verschwindet das Konvolut an Gewindestangen aber im Netz.
Im Saal bleibt dagegen als Beute, für zehn Euro und damit doppelt so teuer wie der Aufrufpreis, der „Magnetische Schichtdickenmesser“, (mit Urkunde!), ein Teil, von dem der Laie nicht einmal wusste, dass es so etwas überhaupt gibt.
Leicht haben es die Maschinen und Geräte, die fast alle ein „VEB“ im Namen tragen, nicht. Manchmal bleibt Ehlerts Hämmerchen oben, weil es kein einziges Angebot gibt, obwohl der Auktionator vom Ausgangspreis in Zehner-Schritten rückwärts geht. Bei der Verpressungsanlage etwa ist das so, nicht mal zum halben Preis - 100 Euro - rührt sich hier eine Hand im Saal, auch das Internet schweigt. Und nur zögerlich wechselt der „Robotron Buchungs- und Fakturierungsgsautomat 1720“ den Besitzer, den Zuschlag erhält Internet-Bieter 5724. Was er damit wohl vorhat?
Das würde man auch den jungen Mann in der letzten Reihe gerne fragen, einen Berliner mit „Kontakten nach Annaburg“, der nach einem historischen Hochspannungsisolationsgerät auch noch eine komplette Hallenbeleuchtung ersteigert - für 100 statt 400 Euro. „Das ist jetzt aber echt ein Schnäppchen gewesen“, sagt der Auktionator, leicht gequält. Der Berliner verzieht keine Miene. Interessant ist, wo die Hallenbeleuchtung gebaut wurde - selbstverständlich vom VEB Leuchtenbau Wittenberg selbst.
Vintage was?
Etwas zäh, jedenfalls zäher als erwartet, gestaltet sich die Nachfrage nach vormaligen Arbeitstischen, die auf eine zweite Karriere als Loft-Interieur warten. Da mag Frank Ehlert verbal schmirgeln und lackieren wie er will - Wittenberg ist nicht Berlin. Nicht ein einziges Gebot für den Arbeitstisch, der „Prenzlauer Berg“ zieren würde, auch der „Holztisch Vintage“ weiß in Wittenberg nicht, dass er so etwas sein könnte. Zwei Tische bleiben trotzdem hier, ein stadtbekannter Caterer, regelmäßiger Stadtfest-Ausstatter, greift zu. Was er damit anstellt, wisse er noch nicht so genau, das werde sich finden.
Die Bieternummer „23“, die sich der Event-Caterer mit einem ebenfalls Wittenberger Antiquar teilt, wird aber noch mehrfach in die Höhe gehalten werden. Und dann gehört das Rollgestell mit Boxen, ein meterlanges Monstrum, dem Antiquitätenhändler. Was er damit vorhat? „Ein Gewürzregal.“ Spaß muss sein.
Für die Posten, die am Donnerstag nicht unter den Hammer gekommen sind, hat Auktionator Frank Ehlert in Kürze eine weitere Versteigerung seiner Firma „Auktionspunkt“ angekündigt, dann aber ausschließlich online.
(mz)

