Anhaltisches Theater Anhaltisches Theater: Schauspielerin ist Caro bei Verbotene Liebe

Dessau/Köln/MZ - Fast 2.000 Besucher haben in diesem Sommer „Iphigenie auf Tauris“ in Wörlitz gesehen. Etwa 1,3 Millionen Zuschauer sind es, die im Schnitt die Telenovela „Verbotene Liebe“ einschalten. Es soll hier aber nicht um Quoten gehen. Der Vergleich wäre ja geradezu absurd. Es geht um Katja Sieder. Die Schauspielerin des Anhaltischen Theaters Dessau hat in der Inszenierung des Antikendramas die Rolle der Iphigenie übernommen - und spielt nun in der ARD-Vorabendserie die „Caro“. Am Freitag, in der Folge 4.426 der Dauer-Soap, hatte Sieder ihren ersten Auftritt.
Frischer Wind
Produziert wird die Serie in Köln, Sieder ist seit September dort und verstärkt mit dem Schauspieler Philipp Oehme das Team. Beide sollen mit ihren Rollenfiguren frischen Wind in das Düsseldorfer Modelabel LCL „und in deren Liebesleben“ bringen. Worum es vorerst geht? Caroline „Caro“ Schulz, eigentlich gelernte Buchhalterin, möchte in der Designabteilung von LCL eine Ausbildung beginnen. Dabei, so Sieder, müsse sie einige Hindernisse bewältigen...
Ausgerechnet am ersten Tag wird Caro von einem unbekannten Motorradfahrer komplett nass gespritzt. Doch damit nicht genug: Caro trifft den Verkehrsrowdy bei LCL wieder. Als neuer Creative Director soll der charismatische Thore Hellström (Philipp Oehme) die angeschlagene Marke LCL neu beleben. Mit Eifer stürzt sich Hellström in diese Herausforderung und zieht auch Caro in seinen Bann.
Im Vergleich zu „Iphigenie auf Tauris“ sind die Texte in der Serie überschaubar. „Man lernt das auf Kurzzeitgedächtnis“, sagt Sieder. Nicht unterschätzt werden sollte indes das Arbeitspensum: Gedreht wird von Montag bis Freitag, Sieder spricht von über 30 Szenen pro Woche. Was sie sich für ihren Auftritt wünscht, hat der Sender im Internet veröffentlicht: „Ich hoffe, ganz viele Zuschauer drücken dem Stehaufmännchen Caro die Daumen, ihrem Traum ein Stück näher zu kommen. Es ist nie zu spät für Träume, und vielleicht sehen die manchmal ein wenig anders aus, als man dachte.“
Schauspieler gucken, wo sie bleiben
Vor allem dieser Nachsatz kann einen natürlich übergangs- und schmucklos auf die Dessauer Situation bringen. „Weil sie uns in Sachsen-Anhalt gerade wegsparen, schaut man natürlich, wo man bleibt“, sagt Sieder unter Hinweis auf die Kürzungen der Landeszuweisungen für das Anhaltische Theater. Auf der anderen Seite, auch das gehört zu dieser Geschichte, wollte Sieder immer auch jenseits der Theaterbühne Dreherfahrungen machen und hat sich an einem Casting für die Soap beteiligt. Erfolgreich, wie sich nun zeigt.
Dessau bleibt Sieder trotzdem treu. Das nächste Mal steht sie im Januar als Recha in der Inszenierung „Nathan der Weise“ auf der Bühne im Großen Haus. Und ab dem 20. Juni ist sie dann in Wörlitz erneut als Iphigenie zu erleben. Nach dem Erfolg in diesem Jahr wird André Bückers Inszenierung von Goethes Drama wieder auf der Felseninsel „Stein“ gezeigt.
Sieder spielt dort die älteste Tochter von Klytämnestra und Agamemnon (König von Mykene auf der Peloponnes); sie ist die Schwester von Orest, Elektra und Chrysothemis. Für einen „günstigen Wind“ hat Agamemnon seine Tochter geopfert. Doch Iphigenie wird von Göttin Diana nach Tauris entführt, wo sie als Priesterin einem blutigen Ritus dienen soll: Jeder Fremde auf der Insel wird geopfert - auch die Reisenden Orestes und Pylades. Sie widersetzt sich, so wie sie sich auch König Thaos’ Anträgen entzieht.
Text sitzt noch
In die Geschichte sollte „Iphigenie“ ob ihrer Grundfragen nach Freiheit und Würde des Menschen als eine Heldin und Vertreterin des klassischen Humanitätsideals eingehen. Deshalb waren sich wohl auch die gut 2.000 Besucher in diesem Sommer darüber einig, dass es keinen besseren Ort für die Inszenierung gibt als den Park der Aufklärung in Wörlitz.
Von allen Mitwirkenden aus dem Dessauer Schauspielensemble hat Sieder den meisten Text zu deklamieren. Und? Sitzt er noch? Katja „Caro“ Sieder bejaht. Letzte Nacht, sagt sie einen Tag vor Heiligabend, sei sie den ersten Monolog erst noch einmal durchgegangen.