1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Adventskalender "Himmels-Blicke": Adventskalender "Himmels-Blicke": Türchen 23: Kleine Schlüssel zum Firmament

Adventskalender "Himmels-Blicke" Adventskalender "Himmels-Blicke": Türchen 23: Kleine Schlüssel zum Firmament

Von Corinna Nitz 22.12.2017, 17:11
In der evangelischen Kindertagesstätte „Himmelschlüsselchen“ in Wittenberg haben die Kinder - passend zum Weihnachtsfest - auch (mindestens) eine Krippe. Die Einrichtung ist die älteste Kita in der Stadt.
In der evangelischen Kindertagesstätte „Himmelschlüsselchen“ in Wittenberg haben die Kinder - passend zum Weihnachtsfest - auch (mindestens) eine Krippe. Die Einrichtung ist die älteste Kita in der Stadt. Th. Klitzsch

Wittenberg - Wie haben Künstler früher die Stille Nacht dargestellt? Welche Rolle spielt Weihnachten für Kinder heute? Solchen Fragen ist vor Jahr und Tag die Cranach-Stiftung Wittenberg nachgegangen, als sie dem Fest der Liebe eine Ausstellung widmete.

Manche Antwort, vielmehr das, was nicht gesagt wurde, hat wenig überrascht - jedenfalls schrieben nicht viele von dem, dessen Geburt zu Weihnachten gefeiert wird.

In der Kindertagesstätte „Himmelschlüsselchen“ in Wittenberg gibt es solche Leerstellen nicht. Und mögen sie sich, ist ja klar, auch dort auf Geschenke und den Weihnachtsmann freuen, so wissen die Mädchen und Jungen doch um jenen Knaben, der als hold und mit lockigem Haar in dem Lied „Stille Nacht, Heilige Nacht“ auch jetzt wieder besungen wird.

Was ihnen besonders an der Weihnachtsgeschichte gefällt? „Dass Jesus immer noch bei uns ist“, antwortet ernst ein Mädchen.

Zu den bekannten evangelischen Weihnachtsliedern gehört „Ich steh’ an Deiner Krippen hier“ des Gräfenhainichener Theologen und Kirchenliederdichters Paul Gerhardt (1607 bis 1776). Das Original hat 15 Strophen, später wurde es einmal - behutsam überarbeitet - auf neun reduziert. Und so beginnt es: „Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben / ich komme, bring und schenke dir, was du mir hast gegeben. / Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn, Herz, Seel und Mut, nimm alles hin und lass dir’s wohlgefallen.“

Im Zentrum steht die Betrachtung des Kindes in der Krippe, Symbol für Weihnachten, denn bei ihrer Herbergssuche wurde der hochschwangeren Maria und ihrem Partner Josef in Bethlehem nur ein Stall zugewiesen. Dort brachte Maria ihren ersten Sohn zur Welt und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe...

In vielen Häusern ist es bis heute Tradition, Krippen mit dem Personal der Weihnachtsgeschichte aufzustellen. Die evangelische Kindertagesstätte „Himmelschlüsselchen“ in Wittenberg hat ein besonders schönes Exemplar mit Keramikfiguren. „Himmelschlüsselchen“ trägt diesen Namen seit 2004, gegründet wurde die Einrichtung bereits 1837 als sogenannte Kleinkinderschule.

Dafür eingesetzt hatte sich der Archidiakon Johann Samuel Seelfisch. Untergekommen war man im Weidenhammerschen Haus in der Juristenstraße 10. Später (Archidiakon Georg Schleußner hatte ausreichend Spenden gesammelt) konnte die Spielschule in die Lutherstraße 49 umziehen. Das war im Jahr 1890. Bis heute (und nach einer Sanierung in den 1990er Jahren) werden dort „Himmelschlüsselchen“-Kinder betreut. 

Das Wissen um jene Ereignisse, die sich vor über 2 000 Jahren den Evangelisten zufolge in Bethlehem zugetragen haben, kommt hier nicht von ungefähr. Zum einen ist manches Elternhaus ein christliches, zum anderen liegt es am Träger der Kita: „Himmelschlüsselchen“, das erst 2004 diesen Namen erhielt, ist eine evangelische Einrichtung - seit 1837. Damit ist die Kita auch die älteste in der Stadt.

Eine, die sich gut in der Geschichte der Kita auskennt, ist deren Leiterin Barbara Steinborn. Sie habe immer in kirchlichen Kindertagesstätten gearbeitet: „Man war dort nicht so unter staatlicher Kontrolle“, sagt sie, aber auch, dass der bauliche Zustand mitunter schlecht war. Doch scheint das nichts im Vergleich zu den Anfängen organisierter Kinderbetreuung, die in Wittenberg nicht ohne Johann Samuel Seelfisch zu denken ist.

Der Archidiakon setzte sich 1837 für die Gründung einer Kleinkinderschule ein, um die ansonsten sich selbst überlassenen Kinder berufstätiger (armer) Zeitgenossen von der Straße zu holen. Zunächst befand sich die Spielschule in der Juristenstraße, später wurde das Haus Lutherstraße 49 gebaut, in dem sich die Kita noch heute befindet.

Wo es in zwei Wohneinheiten im Erdgeschoss (neben einer halben für Büro und Wirtschaftsraum im ersten OG) durchaus geräumig zugeht, wurden seinerzeit 50 Kinder in zwei je 50 Quadratmeter-Räumen betreut.

Diese Betreuung bestand auch in Arbeitsaufträgen: „Mädchen mussten Flachs kämmen, Jungs Schrauben sortieren. Dafür gab es Essen“, berichtet Steinborn und meint, dass dies eben dem damaligen Menschenbild entsprach. Die Erkenntnis, dass es sich bei Kindern nicht um kleine Erwachsene handelte, reifte erst langsam. Andererseits hatte Friedrich Fröbel 1837 schon den ersten deutschen Kindergarten eröffnet.

Seine Pädagogik sei auch Vorbild für die Kita in Wittenberg gewesen. Dort, in der Lutherstraße, gibt es heute zwölf Krippen- und 30 Kitaplätze, belegt sind aktuell 41. Fünf Erzieherinnen und eine Wirtschaftskraft kümmern sich um die Betreuung.

Obwohl „Himmelschlüsselchen“ eine evangelische Kita ist, wird (neben der Vermittlung christlicher Inhalte) auch dort auf Grundlage des vom Land Sachsen-Anhalt vorgegebenen Bildungsprogramms gearbeitet. Und, ja, sie haben auch einen PC, aber: „Lernen braucht Beziehung und die findet ein Kind nicht vorrangig am Computer“, sagt Steinborn.

Noch ein Wort zum Namen, den die Kita seit 2004 trägt: Er sei ein Verweis auf die Himmelschlüssel-Blume, ergo den Auftrag, die Schöpfung zu bewahren. Eine anderer Grund liest sich so: „Kinder sind wie kleine Schlüssel zum Himmelreich.“ Frohe Weihnachten!