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12. Selbsthilfeforum im Luther-Hotel 12. Selbsthilfeforum im Luther-Hotel: Selbst einander helfen in Wittenberg

Von Irina Steinmann 15.10.2019, 10:28
Beim Selbsthilfeforum 2017 war ein begehbares Herz die Attraktion.
Beim Selbsthilfeforum 2017 war ein begehbares Herz die Attraktion. Klitzsch

Wittenberg - Als Edgar Pries vor rund 20 Jahren von Leipzig nach Wittenberg zog, da hatte er schon bald ein Ehrenamt an der Backe: Der rührige Senior leitet die SHG Diabetiker Wittenberg am Paul Gerhardt Stift, eine von drei einschlägigen Selbsthilfegruppen (SHG) im Landkreis, darüber hinaus ist er seit vielen Jahren auch gewählter Sprecher aller Selbsthilfegruppen in dieser Region.

Rund 80 solcher Gruppen im Kreis verzeichnet die Stadt Wittenberg, die diesen alljährlich ein Podium bietet, das Selbsthilfeforum. Zum bereits 12. Mal findet die Veranstaltung statt, und zwar am Samstag, 19. Oktober, von 13 bis 17 Uhr im Lutherhotel.

Eine „Pflichtveranstaltung“

Das Forum sei ein „wichtiger Beitrag für die Stadtgesellschaft“, erklärte am Freitag Oberbürgermeister Torsten Zugehör (parteilos) und unterstrich, dass Wittenberg trotz klammer Kassen auch in den nächsten Jahren daran festhalten werde. „Davon werden wir nicht abrücken“, so Zugehör, de facto handele es sich nicht - wie formal - um eine freiwillige Aufgabe, sondern um eine „Pflichtveranstaltung“; dies gelte auch für den ebenfalls jährlichen Seniorenaktionstag.

Die Organisation liegt seit dem Ausscheiden von Claudia Fiedler, die im Frühjahr in den Ruhestand gegangen ist, in den Händen von Petra Trollius, die im Fachbereich „Bürger und Service“ nun auch für die Selbsthilfegruppen zuständig und Ansprechpartnerin ist. „Das Format habe sich bewährt“, so Trollius, und die Kontakte zu den einzelnen Gruppen hätten ihr gezeigt, dass diese voll dahinter stünden.

Die Zahl von erneut mehr als 70 Mitwirkenden, allen voran Selbsthilfegruppen und Vereine, belegen dies ganz offenkundig. Auch diesmal soll es mehr sein als ein Gipfel der Betroffenen und deren Angehörigen. „Wir wollen die breite Masse erreichen“, sagt Trollius, die der Oberbürgermeister übrigens ganz unsentimental eine „gute Seele“ nennt.

„Für uns ist Selbsthilfe Herzenssache“, sagt die auch prompt. „Wir wollen Herzen öffnen.“ Und mit dem Forum auch konkrete Hilfestellung geben: Es gebe, so Trollius, offenbar Interesse und Bedarf, eine Selbsthilfegruppe für Asthmatiker zu gründen, auch darüber könnte man sich bereits am Samstag verständigen. Aus ihren täglichen Telefonaten habe sie zudem den Eindruck gewonnen, dass auch im Bereich Mobbing - insbesondere für Eltern von Schulkindern - eine Selbsthilfegruppe den Betroffenen Erleichterung verschaffen könnte.

Gefährliche Isolation

Es sei wichtig, so Oberbürgermeister Zugehör, dass sich Menschen mit (Gesundheits-)Problemen „nicht isolieren“ und über Einsamkeit in Depression verfallen. Diabetes wiederum sei heutzutage eines ganz bestimmt nicht mehr: „eine Krankheit für alte Leute“, sondern vielfach Folge des modernen Lebenswandels und damit „allgegenwärtig“.

Aus seiner langjährigen SHG-Erfahrung heraus sagt Edgar Pries, dass es wichtig sei, sich als Selbsthilfegruppe zu vernetzen und dabei auch über den Tellerrand zu schauen. Seine eigene, etwa 20 Köpfe starke Diabetiker-Gruppe etwa lädt sich regelmäßig Ärzte ein - die auch gerne kämen, weil sie so auf einen Schlag ein größeres Publikum erreichen könnten mit ihren Informationen. „Richtig spritzen“ etwa sei so ein wichtiges Thema. Das Wittenberger Selbsthilfeforum wiederum biete die Gelegenheit, sämtliche Ansprechpartner in spe an einem Ort vorzufinden.

Per App zum Angebot

Über bestehende Selbsthilfegruppen im Land Sachsen-Anhalt kann man sich laut Stadt übrigens gut über die von der Techniker Krankenkasse TK initiierte Selbsthilfe-App „Sachsen-Anhalt Nord“ informieren; auch Wittenberg sei dort inzwischen mit einem eigenen Beitrag vertreten und will Petra Trollius zufolge dann auch einen Film vom Selbsthilfeforum beisteuern.

„Das größte Problem der Selbsthilfegruppen ist die Überalterung“, konstatiert Edgar Pries. Gewohnte Termine ließen sich nicht so einfach koordinieren mit den Bedürfnissen von Arbeitnehmern - und die Leiterinnen und Leiter kämen in die Jahre. Zum Glück für die von ihm geleitete und die durch ihn repräsentierten Selbsthilfegruppen wirkt er dabei allerdings keineswegs so, als träfe das auch auf ihn zu. Ganz im Gegenteil.

Vielfältiges Angebot

Von Alkoholsucht über Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zu Eltern von Kindern mit Teilleistungsstörungen reicht die Bandbreite der Themen bzw. Probleme, gegen die man am 19. Oktober im Lutherhotel eine Selbsthilfegruppe finden kann. Auch einige Gesundheitsunternehmen präsentieren sich an dem Samstag zwischen 13 und 17 Uhr.

Dazu gibt es wieder ein Programm, die Null-Promille-Cocktailbar (ab 13.45 Uhr) und drei kostenlose Mini-Kurse, diesmal „Herzöffnendes Yoga auf dem Stuhl und im Stehen“ (13.45 bis 14.30 Uhr), „Herzsport für Jung und Alt“ (14.45 bis 15.30 Uhr) und „Atemschulung und Entspannungsübungen mit Tai Chi und Körperarbeit“ (15.45 bis 16.30 Uhr). Im Foyer ist nach Auskunft der Stadt außerdem ein kleiner Mal-Workshop mit Barbara Kaiser geplant. Der Eintritt zum Selbsthilfeforum ist frei.

(mz)