WM-Tagebuch WM-Tagebuch: Zu Besuch in den Favelas

Rio de Janeiro/MZ - Marco Mattis und Robert Gärtner aus Weißenfels haben sich ihren Traum von der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien erfüllt und schreiben für die MZ an einem WM-Tagebuch:
Dass die Stadt Rio de Janeiro einen extremen Kontrast zwischen Arm und Reich deutlich macht, hatten wir bei unseren Streifzügen durch die Stadt schon hautnah erlebt. So empfangen Portiers in feinem Anzug noch feiner gekleidete Menschen in Luxushotels und keine zehn Meter davon entfernt schlafen Menschen, mit Pappkartons zugedeckt, in einer Seitenstraße. Auch die Gefahr, Opfer eines Überfalls zu werden, ist sehr hoch. Dass Brasilien aber etwas gegen das Image, das außerhalb des Landes kommuniziert wird, unternehmen möchte, hatten wir in einigen Dokumentationen schon erfahren.
Wilde Geschichten über Armenviertel
Gerade die als so gefährlich eingestuften Armenviertel, die Favelas, waren immer wieder Gesprächsthema für die wildesten Geschichten. Wir wollten uns jedoch selber ein Bild machen und entschlossen uns, den Complexo do Alemão zu besuchen, ein Zusammenschluss von über 25 Siedlungen und 14 Favelas. Nach Schätzungen unserer Reisebegleiterin sollen hier mehr als 500 000 Menschen leben. Der Name des Viertels bedeutet übersetzt „Bereich des Deutschen“ und ist irrtümlich entstanden. Denn der einstige Besitzer dieser riesigen Gegend war ein Pole, der für einen Deutschen gehalten wurde. Es ist ein Paradebeispiel dafür, wie die brasilianischen Regierung versucht, den Bewohnern des riesigen Areals den Anschluss an das normale Leben zu ermöglichen. Denn seit Juli 2011 verkehrt eine hochmoderne Gondelbahn über den Dächern des Viertels. Sie ist der ganze Stolz der Nachbarschaft.
Unscheinbar wirkt die erste von fünf Stationen. Doch wenige Momente, nachdem die Gondel Fahrt aufgenommen hatte, verschlug es uns die Sprache. Häuser einfachster Bauweise soweit das Auge reicht. So etwas hatten wir in dieser Dimension noch nicht gesehen. Die 25-minütige Fahrt erlebten wir wortlos. Oben wurden wir ruckartig aus unserer Starre geweckt, weil jede Menge Händler Holzschnitzereien und Getränke an den Mann bringen wollten. Uns wurde auch sofort eine Tour durch das Viertel vorgeschlagen. Leider war unsere Zeit zu knapp. Der Besuch fernab der touristischen Zentren hat sich gelohnt, ohne dass wir uns in Gefahr gefühlt hätten.
Marco und Robert im Internet: www.wm2014-rio.de