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Selten gewordenes Handwerk im Burgenlandkreis Wie die wenigen Goldschmieden im Burgenlandkreis bei ihren Kunden punkten

Im Burgenlandkreis gibt es nur noch wenige Goldschmieden. Wie die Betriebe ihr altes Kunsthandwerk am Leben halten und weshalb eine junge Meisterin aus Weißenfels ihren Beruf so liebt.

Von Beate Reinke 27.03.2024, 14:00
„Wir haben das Hobby zum Beruf gemacht“, meinen Jens Fischer und seine Tochter  Anne-Maria Fischer aus Weißenfels, die beide Goldschmiedemeister sind.
„Wir haben das Hobby zum Beruf gemacht“, meinen Jens Fischer und seine Tochter Anne-Maria Fischer aus Weißenfels, die beide Goldschmiedemeister sind. Foto: Beate Reinke

Weissenfels/MZ. - Nur zehn Goldschmieden im Burgenlandkreis sind bei der Handwerkskammer Halle registriert. Immerhin hat sich das Kunsthandwerk von dem Tief im Jahre 2013 erholt. Damals existierten nur noch acht Betriebe. Womit die verbliebenen Handwerksbetriebe der Branche noch immer bei ihren Kunden punkten und somit wirtschaftlich überleben können, lesen Sie hier.

Vor zehn Jahren der letzte Azubi im Burgenlandkreis

„Schmuck, Gold, Luxus und Selbstständigkeit waren in der DDR nicht gefördert. Daher gibt es in den neuen Bundesländern weniger Betriebe“, meint Michael Seubert, Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Goldschmiede und Silberschmiede. „In München ist an jeder Ecke ein Goldschmied“ und daher bestehe eher der Wunsch, diesen Beruf zu erlernen. Bundesweit absolvieren etwa 500 Lehrlinge die dreieinhalbjährige Ausbildung, während sich im Burgenlandkreis nach Angaben der Handwerkskammer Halle vor zehn Jahren der letzte Azubi für diesen traditionsreichen Berufsweg entschieden hat.

Goldschmiede „könnten in den nächsten zehn bis 15 Jahren als Berufsstand weitgehend aussterben“, da der Handel über große Marktanteile verfüge, befürchtet der Stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Halle, Jens Schumann. Er bedauert, dass „ein regionales Kulturgut verloren geht, denn die Individualität der Gold- und Silberschmiedemeister wird ein Massenhersteller kaum bieten können“. Hoffnung bleibe für „wenige Spezialisten“.

In Weißenfels soll es früher mehr Goldschmiede als Bäcker gegeben haben

In Weißenfels sah die Vergangenheit goldiger aus. „1820 gab es hier mehr Goldschmiede als Bäcker und Bäcker gab es in jeder Straße zwei“, informiert Jens Fischer, der selbst Schmuckstücke aus Edelmetallen fertigt. Einen Grund für die damalige Dichte der Kunsthandwerker sieht der Weißenfelser im einstigen höfischen Leben.

Goldschmied Fischer engagiert sich als Innungsobermeister für den Berufsstand und hat in seiner Werkstatt, die er seit 1990 unterhält, zwei Lehrlinge ausgebildet.

Erfolgreich zur Seite steht ihm inzwischen seine Tochter. „Goldschmieden sind oft Ein- oder Zweimannbetriebe,“ sagt sie. Da müsse die Chemie untereinander stimmen. Zudem stünden viele Inhaber mittlerweile kurz vor der Rente und hätten daher wenig Interesse, noch auszubilden. „Es ist der schönste Beruf der Welt“, unterstreicht Anne-Maria Fischer, „aber die Entlohnung ähnelt der des Friseurs.“

Heute wollen fast nur noch Frauen ins Goldschmiedhandwerk

Wie der Vater lernte die Goldschmiedin in Arnstadt, an der einzigen Berufsschule, an der man nach ihren Aussagen im Osten die Ausbildung absolvieren kann. Von der Vater- zur Tochtergeneration hat sich an der Bildungseinrichtung ein grundlegender Wandel vollzogen: Dominierten einst die männlichen Auszubildenden, so sind es jetzt vornehmlich weibliche.

Im beruflichen Alltag kümmert sich die junge Meisterin sehr um die Beratung von Brautpaaren sowie den Entwurf und die Herstellung von Trauringen. Dabei nutzt sie inzwischen das Internet als „zweites Schaufenster“. Der Ehering, so habe sie es von ihrem Vater gelernt, sei vor allem ein Gebrauchsgegenstand. Und dieser müsse in Größe, Breite, Material und Stärke zum Träger passen. Genau diese Individualität könne ein Online-Kauf nicht leisten. Bei der Weißenfelserin koste ein Paar Eheringe in guter Qualität in der Regel zwischen 1.400 und 1.800 Euro.

Feilen, Schleifen, Fräsen, Bohren und Biegen gehören zu den handwerklichen Tätigkeiten bei der Schmuckherstellung. „Inspiration hole ich mir aus Architektur und Pflanzenwelt“, erläutert die junge Frau. Auch alte Techniken lässt sie hochleben. So nutzt sie das sogenannte Ziselieren, das schon bei den Römern üblich war. Mit Hilfe dieser Technik arbeitet sie zum Beispiel Ornamente in moderne Armreife ein.

Weißenfelser Goldschmied hat Kunden vom Schwarzwald bis Berlin

„Ein Goldschmied braucht Kundschaft, die ihn fordert“, hebt Jens Fischer hervor und freut sich über viele Stammkunden vom Schwarzwald bis nach Berlin. „Unsere Kunden sind häufig Kunstliebhaber, die auf den Spuren von Novalis und Heinrich Schütz durch die Stadt bummeln und auf das Schaufenster aufmerksam werden.“ Die Käufer seien nicht unbedingt wohlhabend. „Es gibt sogar Liebhaber, die auf ein Schmuckstück sparen“, berichtet Fischer.