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Weißenfelser Jugendreferent in Rom Weißenfelser Jugendreferent in Rom: Ein Gebiss für Ex-Papst Joseph Ratzinger

Von Jan Iven 06.10.2016, 07:47
Gerhard Nachtwei, Joseph Ratzinger und Martin Papke (von links).
Gerhard Nachtwei, Joseph Ratzinger und Martin Papke (von links). Privat

Weißenfels/Rom - Bis zuletzt wusste der Weißenfelser Martin Papke nicht, ob er beim Treffen mit dem ehemaligen Papst Benedikt XVI. im Vatikan dabei sein würde. Doch dann wurde er mit seinem Begleiter in die Bibliothek des Klosters Mater Ecclesiae vorgelassen. „Mitten im Raum stand Benedikt mit seinem Rollator und erwartete uns. Es war total unwirklich“, erzählt der Jugendreferent der katholischen Gemeinde St. Elisabeth in Weißenfels immer noch sichtlich beeindruckt. Beim Weltjugendtag in Köln 2005 hatte Papke dem damaligen Papst Benedikt von weitem zugejubelt. Jetzt stand er als freundlicher älterer Herr vor ihm. „Er freute sich richtig, uns zu sehen.“ Gesundheitlich war der 89-Jährige zwar etwas angeschlagen, aber geistig immer noch topfit.

Jahrelange Korrespondenz für Dissertation

Doch noch einmal der Reihe nach: Martin Papke betreut eigentlich den katholischen Jugendclub City Pastoral an der Weißenfelser Jüdenstraße. Nun wollte er seinem ehemaligen Mentor an der Universität Dessau, Probst Gerhard Nachtwei, einen alten Traum erfüllen: Den Theologen Joseph Ratzinger treffen, über den dieser 1986 seine Dissertation geschrieben hatte. Beide hatten jahrelang miteinander korrespondiert, sich aber nie getroffen. Ratzinger wurde 2005 Papst und verabschiedete sich vor drei Jahren in den Ruhestand.

Im Sommer schrieb Martin Papke einen Brief an den Vatikan, wo Joseph Ratzinger immer noch lebt, und bat um ein Treffen für seinen Mentor. Und erhielt prompt eine Einladung vom Privatsekretär des Papstes a.D. für den September. „Man muss immer wieder das Unmögliche versuchen, wenn man etwas erreichen will“, ist Papke überzeugt. Und so kam es zu dem Treffen der drei Männer im Vatikan.

Gebiss hüpft über Armlehne des ehemaligen Papstes

„Mir wäre dabei fast das Herz stehengeblieben“, erzählt Martin Papke. Denn Propst Nachtwei holte erst einmal ein Spielzeuggebiss zum Aufziehen hervor und ließ es über die Armlehne des ehemaligen Papstes hüpfen. „Das hatte im Vatikan noch niemand gemacht“, sagt Papke. Doch Ratzinger und der Propst amüsierten sich köstlich. „Es war eine Anspielung auf eine Anekdote über einen Geistlichen, der mit einem fremden Gebiss besser predigen konnte. Die Geschichte kannte ich aber nicht.“

Papst Franziskus - der Pragmatiker

Nachtwei und der ehemalige Papst hatten sich viel zu erzählen. Doch Ratzinger fragte auch nach der Arbeit von Papke. „Er fand es in Ordnung, dass wir in Weißenfels nicht missionieren, sondern einfach für die Menschen da sein wollen.“ Die Stadt konnte er gleich mit Schütz in Verbindung bringen, da er sich sehr für Musik interessiert. Und auch über Papst Franziskus haben sich Papke und Ratzinger unterhalten. „Er hält ihn für den richtigen Mann zur richtigen Zeit“, sagt er. Einen Gegensatz zwischen dem konservativen Benedikt und dem liberaleren Franziskus wollte er nicht aufmachen. Vielmehr würde Franziskus eher als Pragmatiker das umsetzen, was Benedikt zuvor entwickelt hat.

Hallorenkugeln und Burgwerbener Wein

Als Gastgeschenk hatten die Besucher aus Sachsen-Anhalt Hallorenkugeln mitgebracht. „Wir haben ihm auch eine Flasche Burgwerbener Wein zukommen lassen“, erzählt Martin Papke. Denn der emeritierte Papst sei einem guten Tropfen gegenüber nicht abgeneigt. Von Benedikt erhielten sie im Gegenzug eine Medaille mit seinem Konterfei als Erinnerung an das Treffen im Vatikan. Dazu segnete er zwölf Gebetsketten, die Martin Papke in Weißenfels an Menschen in Sinnkrisen verschenkt hat. „So ein Rosenkranz hilft beim Beten und kann den Menschen Halt geben“, sagt er. Schließlich beteten sie noch gemeinsam mit Benedikt. „Das war schon etwas besonderes.“

Gruppenfoto im zweiten Anlauf

Zum Abschied machte eine Schwester ein Foto von den drei Männern mit Papkes Handy. „Schauen sie sich das Bild lieber noch mal an. Die Schwestern können nicht fotografieren“, scherzte Joseph Ratzinger. Tatsächlich fehlte auf dem Foto der halbe Kopf von Papke, der die beiden anderen Männer mit seinen zwei Metern deutlich überragte. Beim zweiten Versuch klappte es mit dem Bild.

Und was haben eigentlich die Jugendlichen der katholischen Gemeinde in Weißenfels zu Papkes Besuch beim ehemaligen Papst gesagt? Er überlegt kurz. „Ach, die fanden das eigentlich ganz cool, als ich ihnen davon erzählt habe“, sagt der Jugendreferent und lacht. (mz)