Schießerei in Wohngebiet? Weißenfels: Schusslöcher in der Neustadt werfen Fragen auf

Weißenfels - Als Uwe Schellert in der Nacht zum Donnerstag noch mal mit seinem Hund vor die Tür geht, wundert er sich. Denn auf der Merseburger Straße parkt die Polizei. Offenbar hat es in der Nachbarschaft eine Schießerei gegeben, schnappt der 57-Jährige auf. Ihn überrascht das. „Eigentlich war es hier immer ruhig“, sagt er. Die Polizei fahre zwar regelmäßig Streife, doch an große Vorkommnisse in den vergangenen sechs Jahren erinnert sich der Anwohner nicht.
Am nächsten Tag entpuppt sich die Schießerei schnell als Räuberpistole. Schüsse sind in der Weißenfelser Neustadt mit hoher Wahrscheinlichkeit aber doch gefallen. Denn die Beamten haben in der Nacht in der äußeren Scheibe eines Fensters vier Löcher entdeckt.
Dabei handelt es sich laut der Polizei „mit hoher Wahrscheinlichkeit um Einschüsse“. Sie könnten zum Beispiel aus einer kleinkalibrigen Waffe stammen. „Die kriminaltechnischen Untersuchungen dauern an“, versichert die Polizei.
Schüsse auf Wohnhaus in Weißenfels: Polizei sucht den Schützen
Die Beamten sind am Mittwochabend in die Merseburger Straße gerufen worden, weil die Bewohnerin eines Mehrfamilienhauses Geräusche am Fenster ihrer Wohnung bemerkt hatte. Personen sind zwar nicht verletzt worden, die 21-jährige Inhaberin der Wohnung erlitt aber einen Schock und wurde daraufhin medizinisch versorgt.
Die Polizisten suchen nun nicht nur nach Hinweisen zum möglichen Schützen und der Tatwaffe. Auch die Frage nach dessen Motiv ist noch offen. „In dem Mehrfamilienhaus leben überwiegend Ausländer unterschiedlicher Herkunft, weshalb ein ausländerfeindliches Motiv nicht ausgeschlossen werden kann“, teilt die Pressestelle mit. Der polizeiliche Staatsschutz habe in Weißenfels bereits Ermittlungen aufgenommen.
Schüsse auf Wohnhaus in Weißenfels: Wie sicher ist die Neustadt?
Der Vorfall dürfte auch die Debatte um die Sicherheit in der Neustadt neu anfachen. In der Vergangenheit haben sich Anwohner des Weißenfelser Stadtteils wiederholt besorgt über zunehmenden Lärm, Schmutz und auch Gewalt geäußert. Und just am Abend nach der Tat fand im Weißenfelser Kulturhaus ein Bürgergespräch statt, bei dem Oberbürgermeister Robby Risch von den Anwohnern erfahren wollte, welche Ängste sie haben.
Mancher hat sich schon am Nachmittag bei Facebook an ihn gewandt, als die Nachricht der Einschusslöcher in dem Fenster die Runde machte. „Lieber Herr Bürgermeister“, schreibt da eine Nutzerin, „Bitte bedenken sie auch endlich mal, das sich in der Neustadt auch Kindergärten und Schulen befinden! Vielleicht wacht hier mal jemand auf und redet nicht immer nur.“ Von alleine würden sich die Probleme nicht lösen.
Neustadt in Weißenfels: Hier treffen unterschiedliche Kulturen aufeinander
Dass es im Viertel mancherorts laut zugeht, das bestätigt auch Uwe Schellert. Während es vor seinem Haus bisher verhältnismäßig ruhig gewesen ist, werde am nahen Märchenbrunnen oft getrunken, gestritten und geschimpft. Die Konflikte höre er, wenn er nachts im Bett liegt. Und auch die Polizei sucht nun nach Zeugen, welche sich am Mittwochabend in der Zeit zwischen 22.45 Uhr und 23.30 Uhr im Bereich Märchenbrunnen aufgehalten haben.
Die Neustadt von Weißenfels ist das internationalste Viertel der Stadt. Hier treffen verschiedene Kulturen aufeinander. Neben einer großen Zahl Osteuropäer, die vornehmlich im Schlachthof arbeiten, sind entlang der Merseburger Straße auch mehrere Flüchtlinge dezentral untergebracht. Hinzu kommen viele einkommensschwache Einheimische. Unterschiedliche Wertvorstellungen sorgen da schon mal für Konflikte.
So ärgern sich beispielsweise in der Körnerstraße Anwohner über den vielerorts abgelegten Müll. Allein die Weißenfelser Stadtwerke haben in diesem Jahr schon zweimal illegale Müllhalden in der Neustadt beräumt. (mz)