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Weißenfels Weißenfels: Per Mausklick zum Jubiläum

Von HOLGER ZIMMER 12.08.2011, 18:04

WEISSENFELS/MZ. - Mike Sachse sitzt im Weißenfelser Museum der Neu-Augustusburg am Computer. Vor ihm ist rot umrandet ein Damenschuh auf dem Bildschirm zu sehen. Daneben steht in einem Sichtfenster Text, der Näheres zum sogenannten schwarzen Freischwinger mit Pelzbesatz preisgibt. Zum Beispiel, dass er vom international bekannten Designer Jan Jansen entworfen wurde.

International geht es auch in den nächsten Sekunden zu, denn Museumsmitarbeiter Sachse drückt die linke Maustaste und der rote Rand verschwindet. "Jetzt steht unser 1 000. Objekt im digitalen Museum des Landes Sachsen-Anhalt im Internet und Milliarden Menschen können es weltweit anschauen." Sachse ist der Computerspezialist im Schloss und auch zu Hause erledigt er mit der Technik Onlinebanking, klickt sich bei Radio- und Fernsehsendern ein, stellt den Familienstammbaum zusammen und bearbeitet Fotos.

Allerdings musste auch er erst Feuer fangen für die neue Möglichkeit, die Museumsschätze bekannter zu machen. Bei Vorträgen und Weiterbildungen war auf diese Chance schon seit Anfang 2009 aufmerksam gemacht worden, doch erst anderthalb Jahre später gab es das erste Stück aus Weißenfels im Netz. Museumsleiter Martin Schmager sagt: "Das ist mit viel zusätzlicher Arbeit verbunden und man muss jemanden haben, der die dann auch erledigt." Mitunter lasse sich aber der Aufwand laut seiner Stellvertreterin Angela Sengewald vereinfachen. Dann nämlich, wenn man im Zuge der Inventarisierung oder bei der Vorbereitung einer neuen Ausstellung ohnehin Exponate fotografieren müsse. Schmager kann deshalb durchaus nachvollziehen, wenn einige der 79 Museen Sachsen-Anhalts, die digital mitmischen, nur mit zehn und mitunter sogar nur einem Objekt vertreten sind. In der Saalestadt hingegen engagiert sich nicht nur Mike Sachse, sondern auch die Mitarbeiterin Gabriele Menzel von der Kösa-Beschäftigungsgesellschaft. "Was wird, wenn sie nächstes Jahr geht, wissen wir aber auch noch nicht", äußert Schmager.

Und das weltweite Interesse am Fundus wächst. Laut Sengewald gebe es angesichts der Exponate im Netz Anfragen aus Europa und Übersee. So habe kürzlich ein Wissenschaftler aus Frankreich eine Frage gestellt. Susanne Walper aus den USA hatte großes Interesse an einer Erinnerungsmedaille zum deutsch-französischen Krieg von 1870 / 71. Und das Industrie- und Filmmuseum in Wolfen hatte Fototechnik ins digitale Museum gestellt, zu der ein Kanadier nähere Informationen in einem Kommentar abgeben konnte.

Die Weißenfelser haben sich seit Januar von Platz fünf auf Rang zwei hinter der halleschen Moritzburg (1 569 Exponate) und vor dem Wolfener Museum (813) vorgearbeitet. Überhaupt ist Sachsen-Anhalt das aktivste von sieben Bundesländern, die ihre Sammlungsstücke ins Internet stellen. "Immerhin ist die digitale Aufarbeitung sogar im Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung festgeschrieben", sagt Mike Sache. Und der 45-Jährige gibt zu, dass das digitale Museum so eine Art Suchtpotenzial bei ihm freigelegt hat.

Denn angesichts dessen, dass bislang nicht mal ein Prozent des Museumsbestandes der Neu-Augustusburg im Internet zu sehen ist, will er einen Angriff auf die bisher unangefochtene Vormachtstellung der Moritzburg in Halle nicht ausschließen. Daneben verweist er auf Statistiken, die belegen, dass die Internetnutzung nicht für einen Besucherschwund in den Museen sorgt. "Die Leute wollen eben weiter die Originale sehen."

Und auch sein Chef bestätigt: "Niemand sagt am Sonntagnachmittag zu seinen Kindern, dass man nun einen Museumsrundgang am Computer unternehmen wolle." Zudem sei ein großes Interesse von Fachkollegen zu verzeichnen. So habe es eine Anfrage aus Potsdam gegeben, wo man Vivatbänder zur Schlacht bei Roßbach in einer Friedrich II. gewidmeten Ausstellung zeigen möchte.