Weißenfels Weißenfels: Mit Herz und Wärme
WEISSENFELS/MZ. - Der Teppichpython macht mit seinem Muster seinem Namen alle Ehre. "Den haben wir aus einem verlassenen Haus in Thüringen gerettet. Für viele Artgenossen kam die Hilfe zu spät. Mehrere Meter lange und dicke Schlangen waren offenbar verhungert und wurden in Müllsäcken entsorgt. Es stank schon auf der Straße nach toten Tieren", beschreibt Rolf Schumann eine kürzlich erlebte Situation.
Der Weißenfelser, seine Lebensgefährtin Bärbel Gonschorek sowie die anderen Mitglieder des Tierschutzvereins Weißenfels und Umgebung 2006 betreiben eine behördlich genehmigte Reptilien-Auffangstation. Sie bieten Exoten ein Quartier, die nicht mehr gewollt sind, ausgesetzt oder die wegen schlechter Haltung von den Behörden beschlagnahmt wurden. Neben einer weiteren Station in Plötzkau, die vom Ehepaar Petra und René Wiltner betrieben wird, ist die Weißenfelser die einzige in Sachsen-Anhalt.
Etwa 20 Nottiere werden in Weißenfels derzeit in Aquarien und Terrarien versorgt. Sie kommen aus Sachsen-Anhalt, Sachsen oder Thüringen. Verschiedene Agamen, Pythons, Nattern, Schildkröten oder Vogelspinnen zählen dazu. "Die Behörden, beispielsweise Ordnungsämter, rufen bei uns an. Wir holen die Tiere dann ab und stellen die Anfahrt und entstehende Kosten in Rechnung", erklärt Schumann. So zuletzt geschehen, als in Raßnitz (Saalekreis) eine Schlange zwischen Paletten in einer Frachtladung gefunden worden war. Die Strapazen und schwere Verletzungen führten trotz Rettung jedoch zum Tod des Tieres. "Wir haben aber auch schon Tiere abgelehnt, entweder weil wir keinen Platz mehr hatten oder aber, weil die Tiere giftig waren", erzählt Rolf Schumann, der hinzufügt, dass es mit der Nachbarschaft keine Probleme gebe wegen der Reptilien.
"Die Tendenz, Exoten halten zu wollen, ist deutlich gestiegen", nennt Bärbel Gonschorek ein großes Problem aus Sicht der Tierschützer. Doch oftmals werde sich kaum oder nicht ausreichend über die Haltungsbedingungen informiert, sei die Beratung in Zoofachgeschäften oder auf Börsen mangelhaft. "Viele Leute sind völlig erstaunt, wenn ich ihnen erzähle, wie groß oder wie alt ihr Tier einmal werden wird", sagt Schumann. Und gerade Schildkröten erreichen ein Alter, das selbst ein Vererben an die nachfolgende Generation möglich mache, weiß der Experte, der ein Faible für die gepanzerten, behäbigen Urtiere hat. Allerdings sei es immer noch besser, es werde angerufen und um Rat gefragt, als das Tier einfach auszusetzen.
Die nicht unter Artenschutz stehenden Tiere versuche man gegen einen Schutzgebühr weiterzuvermitteln. Ziel sei es, die Unterbringungs- und Haltungskosten einigermaßen decken zu können, denn der Unterhalt sei teuer. Vor allem die Stromkosten seien nicht zu unterschätzen, da die Tiere viel Wärme benötigen, sagt Rolf Schumann, der hauptberuflich im Maschinenbau arbeitet.
Und auch die Futterfrage stellt sich. Immerhin mögen Reptilien gerne Futtertiere, für die andere den Kammerjäger rufen. Schaben, Grillen und Heuschrecken oder Mäuse gehören dazu, wenn man ein solches Tier artgerecht halten möchte. "Wir versuchen deshalb, in Gesprächen herauszufinden, ob die Interessenten als Halter geeignet sind", erklärt Rolf Schumann.
Schwieriger sei es allerdings mit jenen, die in Artenschutzabkommen gelistet sind. Deren Papiere werden nur einmal ausgestellt, eine Weitervermittlung sei deshalb schwierig bis unmöglich, zumal eine Haltereignung nachgewiesen werden müsse. "Wir erhalten dann die Genehmigung, dass wir solche Tiere versorgen dürfen", sagt Schumann. Ihn faszinieren die Exoten und die Terraristik seit der Wende. Er hat sich viel Wissen über sie angeeignet und dann, ebenso wie Bärbel Gonschorek, auch den großen Sachkundenachweis erworben.