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Weißenfels Weißenfels: Denkmal Jüdenstraße 33 feierlich übergeben

Von bärbel schmuck 02.10.2014, 18:23
Ein Dreigespann steht für Farbkonzepte und Kunst am Bau: Christina Simon (50), Rosalinde Weber-Hohengrund (80), Maximilian Schmidt (20).
Ein Dreigespann steht für Farbkonzepte und Kunst am Bau: Christina Simon (50), Rosalinde Weber-Hohengrund (80), Maximilian Schmidt (20). Peter Lisker Lizenz

weissenfels - Die weinrote Treppe im altehrwürdigen Haus ist einladend. Das findet nicht nur Rosalinde Weber-Hohengrund. Am Tag der feierlichen Übergabe des sanierten Denkmals Jüdenstraße 33 im Weißenfelser Stadtzentrum erlebt die 80-jährige Künstlerin aus Schwabach in Franken zusammen mit anderen Gästen, darunter Bauschaffende der Region, die hier ihre Handschriften wirkungsvoll hinterlassen haben, viele Überraschungen.

Die Treppe im Denkmal aus der Barockzeit ist eine davon, Glasmalerei im Fenster eine weitere Überraschung. Christina Simon, die sich hier mit Linolschnitten in Rottönen verewigt hat, beschreibt ihr gelungenes Experiment als Lebensknoten, die den Betrachter irgendwie auch an stilisierte barocke Rosen erinnern. „Hier wurde Kunst am Bau angewendet“, sagt die 50-jährige Künstlerin aus Weißenfels voller Anerkennung. Es sei dem Bauherrn, Dachdeckermeister Jens-Norbert Schmidt aus Weißenfels, gelungen, ein Stück Stadtgeschichte zu retten, dabei regionale Kunst und Handwerk von hier einzubeziehen. „Er hat auf sensible Weise Maßstäbe für Ästhetik gesetzt, die so ein Denkmal verdient hat“, sagt Christina Simon.

Das Haus in der Jüdenstraße 33 mit seinen vier Etagen beherbergte einst eine Fleischerei und einen Bäckerladen. Eine Brezel als Hauszeichen über der Eingangstür des Wohn- und Geschäftshauses aus dem 17. Jahrhundert erinnert noch heute an ein Stück Geschichte und Nutzung. Der Weißenfelser Jens-Norbert Schmidt erwarb das Denkmal im April vergangenen Jahres käuflich. Einen Monat später begannen die Bauarbeiten zur umfassenden Sanierung.

Mittelständische Firmen, darunter Handwerksbetriebe, Architekten und Energieberater, aus der Region gestalteten das Haus in Zusammenarbeit mit der Kewog, Sanierungsträger der Stadt Weißenfels, bis Ende September dieses Jahres zu einem Schmuckkästchen um. Die Unternehmen sind zum Beispiel ansässig in Weißenfels und seinen Ortsteilen Kriechau sowie Reichardtswerben, in Teuchern, Zorbau, Schweßwitz, Gröbitz, Naumburg und Meineweh.

Zudem wirkten Mitarbeiter von Jens-Norbert Schmidts Dach- und Fassadenbau GmbH Nessa selbst mit. Diese Beschäftigten leisteten laut Geschäftsführer Schmidt 8 000 Arbeitsstunden für ein Denkmal, in das Fördermittel aus dem städtebaulichen Denkmalschutz und Eigenmittel geflossen sind. (ck)

Sie und Rosalinde Weber-Hohengrund sind alte Bekannte, kennen sich von Ausstellungen beim Kunstverein Brandsanierung, dessen Vorsitzende Simon ist. Zudem hat Weber-Hohengrund fast zwei Jahrzehnte lang mit ihren Farbkonzepten an der Weißenfelser Stadtentwicklung mitgewirkt. Im Auftrag der Wohnungsbau Wohnungsverwaltung (WVW) hat die erfahrene Malerin mehr als 100 Gebäude vom Denkmal bis zum Plattenbau aufgewertet. Eine Ausstellung in der Brandsanierung legte davon Zeugnis ab.

„Durch Christina Simon, die meine Kunstlehrerin am Goethegymnasium war, hat unsere Familie Kontakt zu Frau Weber-Hohengrund erhalten“, berichtet Maximilian Schmidt. Der 20-Jährige wurde so zu ihrem „Assistenten“, wie die Frau aus Franken lächelnd bemerkt. „Wir haben an manchen Tagen stundenlang telefoniert, über Farben für das Haus geredet, das ging anderthalb Jahre so“, blickt Weber-Hohengrund auf eine spannende Zeit zurück. Nun sieht sie das Gebäude fertig restauriert und zeigt sich begeistert, „nachdem sie alles eingefädelt hat“. Schmidt junior hat inzwischen sein Architekturstudium in München begonnen. Sich für diese Studienrichtung zu bewerben, sei ein langer Denkprozess gewesen, bekennt der Weißenfelser. Während der Sanierungsarbeiten am und im Denkmal in der Jüdenstraße 33 haben die Kunstmalerin und ihr „Assistent“ tausend Details besprochen, „auf die Art und Weise hat Maximilian ein Gefühl für Architektur, für Raum und Farbe bekommen“, erläutert Rosalinde Weber-Hohengrund. Der junge Mann habe mit viel Fleiß, Geduld und Zeit alles Wissen der Praktikerin aufgesogen und verinnerlicht. Die Meisterin der Farben spricht von einem Praktikum vor Maximilians Studienbeginn, wie es besser nicht hätte sein können. Seine Eltern Ines und Jens-Norbert Schmidt bezeichnen die generationsübergreifenden Begegnungen als „eine glückliche Fügung“. Davon würden alle Beteiligten profitieren - vor allem das neue alte Haus mit seinen Bewohnern, die eine solche Lebensqualität zu schätzen wüssten.

Ein Großteil der Räume mit drei Wohnungen unterschiedlicher Größe und Zuschnitte und einem gewerblichen Bereich im Erdgeschoss ist mittlerweile vermietet. „Wir wünschen uns noch Bewerber für eine Wohnung und den Laden“, sagt Jens-Norbert Schmidt, der Geschäftsführer eines Dach- und Fassadenbau-Unternehmens ist.

Was sich der Bauherr und Investor noch wünscht, sind „Nachahmer, die sich mit Mut, Tatkraft und Herzblut in Weißenfels engagieren und denen die Entwicklung ihres Heimatortes für ein schöneres und lebendigeres Stadtbild wichtig ist“. Bewusst habe der Weißenfelser zumeist Firmen aus der Stadt und dem Burgenlandkreis ins Haus geholt sowie mit der Stadtplanung und dem Denkmalschutz von Anfang an kooperiert, um dem alten Haus wieder neues Leben einzuhauchen. (mz)

Ein Blick in das Treppenhaus lädt zur Besichtigung der Räume ein.
Ein Blick in das Treppenhaus lädt zur Besichtigung der Räume ein.
Peter Lisker Lizenz
Das ocker-hellgrau abgesetzte Haus Jüdenstraße 33 strahlt in neuem Glanz.
Das ocker-hellgrau abgesetzte Haus Jüdenstraße 33 strahlt in neuem Glanz.
Peter Lisker Lizenz