Wanderschaft Wanderschaft: Warum drei junge Handwerker gemeinsam durch Deutschland ziehen

Weissenfels - Die Journalisten staunten nicht schlecht, als am vergangenen Freitagmorgen drei junge Männer in der Redaktion standen.
Ob man nicht mal über sie berichten könne, formulierte einer von ihnen das Ansinnen. Gesagt, getan. Bei der Frage nach dem Namen, verrieten sie nur die Hälfte. Denn: Es sei üblich, nicht den Familiennamen preis zu geben. Daran hielten sich die jungen Männer auch. Also gaben am Ende Robert, der Bierbrauer, der Bäcker Maurice und Maximilian, der Zimmerer, bei einem Kaffee der MZ Auskunft über ihr Dasein. Und darüber könnte man wahrscheinlich ein Buch schreiben.
Drei junge Männer auf der Suche
Auf Wanderschaft zu gehen, ist zum Teil gar nicht so einfach, denn eine der Voraussetzungen besteht darin, erst einmal einen „Meister“ zu finden, der selbst noch umherzieht und der einen mitnimmt. Um am Ende in die Schar derjenigen aufgenommen zu werden, die das auch tatsächlich durchhielten, müsse man drei Jahre und einen Tag in der Fremde vorweisen können. Erst dann dürfe man sich Meister nennen.
Handy nicht gestattet
Eine lange Zeit, immerhin müssen sie dem Zuhause fernbleiben. Kontakt? Handy? Geht nicht, es sei nicht gestattet, ein Handy mitzuführen. Harte Sitten, wer die missachte, der bekomme schon mal eine Kerbe in den Wanderstock eingeritzt. Das passiere einem schneller als man denkt: Wer beim Essen die Kopfbedeckung nicht abnimmt, hat schon mal die „Vorschrift“ nicht eingehalten - peng, der Meister ritzt in den Stab.
Kontakt zu den Liebsten
Telefonieren an sich sei hingegen erlaubt. So wisse die Familie von Robert, der nahe Karlsruhe wohnt, Bescheid, wo sich ihr Junge gerade aufhält. Ebenso die Angehörigen von Maximilian, der nahe Göppingen sein Zuhause hat. Und auch die Eltern von Maurice, die in Düren wohnen, sind im Bilde. Beispielsweise, dass alle drei in der Nacht zum Freitag im Gemeindehaus der evangelischen Kirche in Weißenfels nächtigten und von da aus weiterzogen. Wohin? „Keine Ahnung, weiter in Richtung Süden“, sprach Maximilian und schmunzelte.
Menschen im Osten herzlich
Da, wo es ihnen gefalle, würden sie sich niederlassen. Aber besonders da, wo es auch Arbeit gebe, denn auf Wanderschaft Erfahrungen zu sammeln, sei ja schließlich die wichtigste Aufgabe. „In Leipzig war es ganz schön schwierig, welche zu bekommen“, berichtete Maurice. „Aber die Leute hier in den neuen Bundesländern sind herzlich und vor allem gastfreundlich“, ergänzte Robert. Klar, in den alten Bundesländern sei es einfacher Arbeit zu bekommen und falle auch der Lohn höher aus. Aber das sei nicht das Ausschlaggebende.
Neues kennenlernen
Sich ein bisschen den Wind um die Nase wehen lassen und Neues kennenzulernen, daran seien sie interessiert. Dass sie für die Unterkunft und für die Fahrt unterwegs kein Geld ausgeben dürfen, erwähnen sie lediglich am Rande. Dass, was sie verdienen, stecken sie unter anderem in die Erneuerung der Schuhe oder in die Wanderutensilien. Um die muss sich Maurice nicht mehr allzu lange sorgen - er hat es bald geschafft, seine Zeit ist im Mai herum. Dann lässt er seine Kollegen allein weiterziehen.
Handwerker haben viel erlebt
So schwebt Robert eine Reise nach Mexico vor, die Überfahrt will er sich auf einem Passagierschiff verdienen. Gut möglich, dass es auch Maximilian noch in einige europäische Länder zieht. Die Wanderschaft sei wieder im Kommen, bestätigten alle drei. Seien es in den 1980er Jahren „nur“ um die 50 bis 100 Leutchen gewesen, die sich auf Wanderschaft begaben, seien es heute mittlerweile gut 500 bis 600. Dass jeder von ihnen unterwegs so manch’ lustige Geschichte erlebt, versteht sich.
„Jemand hat mich mal für einen Schäfer gehalten“, sagte Robert lachend. „Wir sind aber auch schon mit ,schalom’ begrüßt worden. Worauf wir erwiderten, dass wir keine Juden sind“, schmunzelte Maurice, der weiterhin erzählte: „Ein kleiner Junge, der an der Hand seiner Mutter lief, rief aufgeregt, Mutti, Mutti, guck mal da, ein Zauberer.“ (mz)