AfD-Sieg im Wahlkreis 43 Wahlkreis 43 in Weißenfels: Marcus Spiegelberg holt für AfD das Direktmandat

Weissenfels - Riesenüberraschung im Wahlkreis 43. Der 24-jährige Marcus Spiegelberg aus Weißenfels holt für die Alternative für Deutschland (AfD) mit deutlichem Vorsprung das Direktmandat für den Landtag. „Mich freut das gute Abschneiden der AfD. Dass ich das Direktmandat im Wahlkreis hole, hat mich dann aber doch überrascht“, sagte Spiegelberg, der am Abend die Wahlergebnisse zusammen mit seiner Verlobten Elisabeth Dick in Weißenfels verfolgte.
Auf den Einzug in den Landtag habe er schon gehofft, meinte der Geschichtsstudent in Halle. Immerhin habe er auf Listenplatz Nummer 19 seiner Partei dafür gute Chancen gehabt. Doch nun sogar das Direktmandat. Für den jungen Mann gibt es dafür vor allem zwei Gründe. Da sei zum einen das Programm seiner Partei und die Kritik an der Flüchtlingspolitik der anderen. Speziell in seinem Wahlkreis habe er aber auch festgestellt, dass viele Bürger „der etablierten Kandidaten überdrüssig gewesen seien“. „Die Leute haben mich einfach als personelle Alternative angenommen“, meinte Spiegelberg, der seinen Erfolg verhältnismäßig nüchtern zur Kenntnis nahm.
Tristesse herrschte am Sonntagabend dagegen in der Weißenfelser Gaststätte „Altes Brauhaus“. Dort, wo CDU-Direktkandidat Harry Lienau mit seinen politischen Weggefährten eigentlich den Einzug in den Landtag feiern wollte, musste der 60-Jährige schon bald den Verlust seines Direktmandats einräumen. „Es ist unheimlich bitter für mich. Ich bin sprachlos. Ich hatte meinen direkten Gegner woanders gesehen“, sagte er in Anspielung darauf, dass ein Zweikampf zwischen ihm und dem Weißenfelser SPD-Direktkandidaten Rüdiger Erben zu erwarten war. Die AfD habe den Wahlkampf auf ein landespolitisch eher unbedeutendes Thema zugespitzt, meinte Lienau zu den Gründen für das Ergebnis. Er räumte allerdings ein, dass die CDU im Burgenlandkreis auch ihren eigenen Anteil am Wahlergebnis hinterfragen müsse. „Wenn wir zum Beispiel Förderschulen schließen wollen, dann bringen wir betroffene Eltern gegen uns auf“, sagte Lienau mit Verweis auf die Debatte um die Zukunft der Förderschule Hohenmölsen.
Ob sich Lienau nach der gestrigen Wahl tatsächlich aus dem Landtag verabschieden muss, stand bis zum Redaktionsschluss nicht fest. Noch blieb unklar, ob sein Platz Nummer 23 auf der Liste der CDU für ein Landtagsmandat ausreicht.
Wahlkreissieger Marcus Spiegelberg (AfD) will nun schnell sein Geschichtsstudium abschließen, um sich auf die Tätigkeit als Landtagsabgeordneter zu konzentrieren. Er müsse nur noch seine Bachelorarbeit zum Abschluss bringen, dann habe er es geschafft, sagte der 24-Jährige. Geboren in Kaltenkirchen in Schleswig-Holstein kam er kurz nach der Geburt mit seinen Eltern nach Weißenfels. „Ich bin hier zur Schule gegangen und habe an der Berufsbildenden Schule das Abitur gemacht“, erzählte er. Für Geschichte als Studienfach habe er sich entschieden, weil ihn das Thema schon wegen der Familiengeschichte interessiert habe. Die Großmutter ist Sudetendeutsche. Er wollte immer wissen, wie das alles zusammenhing. So habe sich das Interesse entwickelt. Politisch war Spiegelberg nach dem Abi zuerst in der CDU und in der Jungen Union aktiv. „Aber ich hatte zum Beispiel in der Flüchtlingsfrage eine andere Meinung. Daraufhin wollte man mir meine Meinung verbieten. In der AfD fühlte ich mich wohler“, sagte er. Anfang 2014 wechselte er die Partei und wurde ihr Direktkandidat.
Mit seiner Verlobten Elisabeth Dick, die er über soziale Netzwerke kennengelernt hat, will er 2017 vor den Traualtar treten. Die angehende Physiotherapeutin, die in Russland geboren wurde, ist in Bielefeld aufgewachsen und freute sich gestern Abend nicht minder als ihr Verlobter über dessen Einzug in den Landtag.
Sicher im Landtag ist über die Landesliste Rüdiger Erben. Für den 48-jährigen Weißenfelser ist das die dritte Wahlperiode, in der er in den Landtag einzieht. Der frühere Landrat des Kreises Weißenfels (bis 2007 zur Fusion mit dem Burgenlandkreis) war auch schon mal Staatssekretär im Innenministerium und gilt als Innenexperte. Zuletzt war er stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD im Landtag.
Landrat Götz Ulrich (CDU) fand zwar die hohe Wahlbeteiligung erfreulich, aber das ist auch darauf zurückzuführen, dass „viele frühere Nichtwähler jetzt ihren Protest artikuliert haben“. Man könne zwar sagen, dass rund drei Viertel der Wähler nicht die AfD gewählt haben, aber müsse zur Kenntnis nehmen, dass für einen großen Teil der Menschen „ihre subjektive Grenze bei der Unterbringung von Flüchtlingen erreicht ist“. Das müsse man bei künftigen Entscheidungen auch auf der kommunalen Ebene berücksichtigen, sagte Ulrich.
Von einem „politischen Erdrutsch“ sprach der SPD-Direktkandidat Rüdiger Erben, der den Wahlabend in Magdeburg verbrachte. Es sei eine „Mischung aus der alles überlagernden Flüchtlingskrise und einer großen Verunsicherung der Leute“, die zu dem Wahlergebnis geführt habe, so seine erste Analyse. Der ehemalige Weißenfelser Landrat, der auf Listenplatz 2 seiner Partei sicher in den Landtag einzieht, lag mit seinem Ergebnis im Wahlkreis 43 deutlich über dem SPD-Durchschnitt im Land. „Dafür kann ich mir nichts kaufen, aber ich ärgere mich auch nicht darüber“, sagte Erben.
Als „unfassbar“ bezeichnete Dorothee Berthold, Direktkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen, das Wahlergebnis. Sie sei froh, dass ihre Partei knapp den Einzug in den Landtag geschafft habe, sagte Berthold, die als Nachrückerin neun Monate in Magdeburg vertreten war und jetzt nicht mehr dabei sein wird. Sie hoffe nun auf eine stabile schwarz-rot-grüne Regierung. (mz)
