Wachmann findet ausgesetztes Baby
Weißenfels/MZ. - Dienstag, kurz vor halb drei: Ein Geräusch macht Sven Hüfner (21) stutzig. Zunächst denkt der Mitarbeiter des Weißenfelser Wach- und Sicherheitsdienstes an eine quietschende Tür. Wenige Schritte später aber die Gewissheit - ein Kind schreit mitten in der Nacht.
Das heftige Weinen kommt aus dem ehemaligen Pförtnerhäuschen des Weißenfelser Krankenhauses, in dem jetzt ein Geldautomat steht. Hüfner leuchtet mit seiner Taschenlampe durch das Fenster der angelehnten Eingangstür. Und er sieht es vor der Treppe liegen: ein winziges Mädchen, nackt auf Handtüchern. Der Wachmann ruft sofort die Polizei und nimmt sich des Kindes an. "Ich habe es mit den Handtüchern zugedeckt und auf das Kind eingeredet, ihm gesagt, dass Hilfe kommt und alles gut wird. Da wurde es ruhiger", sagt Hüfner. Kurz darauf sind die Beamten vor Ort und bringen das Baby ins Krankenhaus nebenan. Dort legen es die Ärzte vorübergehend in einen Brutkasten. "Weil es leicht unterkühlt war", sagt Anja Bergner Dienstagvormittag und fügt hinzu: "Jetzt geht es dem Mädchen gut. Es ist eine ganz Drollige mit ersten dunkelbraunen Haaren."
Anja Bergner ist Sprecherin des Krankenhauses. Sie ist entsetzt über die Tat, aber andererseits auch froh darüber, dass das Kind so nahe am Krankenhaus abgelegt worden ist. Nach ihren Angaben ist der Säugling fünf bis sieben Tage alt, 47 Zentimeter groß und er wiegt 2 300 Gramm. "Ein bisschen leicht", sagt Anja Bergner. Ihren Worten nach war das Kind sauber und gepflegt. Zudem ergaben Untersuchungen, dass das Mädchen Muttermilch getrunken hat. Aus medizinischer Sicht sei das Kind ohne fachmännische Hilfe auf die Welt gekommen. Das wurde laut Bergner aus der Nabelschnur geschlussfolgert, die dicht am Bauch mit einem Bindfaden durchtrennt worden sei. Normalerweise bliebe von der Schnur ein Stummel stehen. Schon am Vormittag besitzt das Findelkind auch einen Namen. Kirstin heißt es und trägt damit den Vornamen jener Schwester, die es auf der Frühgeborenenstation zuerst auf den Arm genommen hat.
Die Ermittlungen der Polizei laufen. Gesucht werden Hinweise zu Personen, die etwa zwischen 0.30 und 2.30 Uhr am Weißenfelser Krankenhaus gesehen worden sind. Außerdem werden Informationen zu Menschen gesucht, die in den vergangenen Tagen einen Säugling hatten, nun aber nicht mehr.
Erst im Mai vergangenen Jahres war in Weißenfels ein Kind ausgesetzt worden. Unbekannte hatten es auf der Treppe einer Kirche abgelegt. Das Kind lebt heute bei einer Familie in Naumburg. Die Mutter ist laut Polizei noch immer nicht gefunden. Dramatischer endete im vergangenen Juni ein Fall in Zeitz. Dort entdeckte ein Spaziergänger einen toten Säugling (die MZ berichtete). Die Polizei geht davon aus, dass das Kind Opfer eines Verbrechens wurde. Die Suche nach der Mutter ist im Gang. Nach wie vor sucht die Polizei eine junge Frau, die am Montag, 2. Juni, oder am Dienstag, 3. Juni, zwischen 17 und 19 Uhr von einem Zeugen am Bettelweg in Zeitz gesehen wurde. Die Frau ist 160 bis 165 Zentimeter groß und habe dunkelbraunes Haar getragen, das über die Schulter reichte und gewellt war. Die Frau habe einen Plastikbeutel bei sich gehabt. Der Säugling war mit einer Einkaufstüte bedeckt.
Inzwischen ist nicht nur Frank Altermann (38), Chef des Weißenfelser Sicherheitsdienstes, überzeugt, dass Babyklappen auch im Burgenlandkreis sinnvoll wären. Landrat Harri Reiche (parteilos) versprach, mit Vertretern der Krankenhäuser über dieses Thema zu reden.
Hinweise nimmt das Polizeirevier Burgenlandkreis in Weißenfels entgegen, Telefon 03443 / 28 20.