Von einer ABM zur Chefin der Agentur
Weißenfels/MZ. - "Ich kam mir einfach nur hilflos vor", erinnert sich Birgit Kleinert an ihre Arbeitslosigkeit. Sohn Marc war geboren, der Mann arbeitete in den Altbundesländern und in Buna gab es für sie als Informatikerin, die im Export als Fachgebietsleiterin gearbeitet hatte, nichts mehr zu tun.
"Warten, dass mit mir was gemacht wird, nein, das ist nicht mein Ding. Also marschierte ich zum Arbeitsamt und bekam eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme in dieser Einrichtung." Nach vier Wochen wurde sie befristet im Merseburger Amt eingestellt. Das war 1992. Jetzt ist sie die Leiterin der Filiale in Weißenfels.
Ihr Vorgänger habe "große Fußabdrücke" hinterlassen. "Da muss ich erst einmal reinwachsen", sagt sie selbstkritisch, weiß aber auch, was sie in die Waagschale werfen kann. Bis 2005 war sie Arbeitsberaterin, dann fachliche Leiterin im Arbeitgebermanagement. Birgit Kleinert sieht sich als Dienstleister. "Auch in Weißenfels und Umgebung wachsen die Arbeitsplätze nicht auf den Bäumen. Deshalb ist es wichtig, zu den ansässigen Unternehmen einen guten Draht zu haben", schildert sie ihre Strategie, um in Zukunft den Firmen noch besser Fachpersonal zur Verfügung zu stellen.
Knapp 7 600 Menschen sind im Landkreis Weißenfels derzeit ohne Arbeit. Fast 70 Prozent von ihnen sind länger als ein Vierteljahr ohne Job. Dass die rund 50 Mitarbeiter jeden freundlich beraten, setzt die Chefin voraus. "Wir sind ein bisschen Erste Hilfe, wenn jemand plötzlich ohne Job dasteht", weiß sie aus hunderten Gesprächen. Manches Einzelschicksal habe sie noch zu Hause bewegt.
Die Arbeitslosenquote liegt im Landkreis Weißenfels Ende März bei 19,7 Prozent. Diese Zahl zu senken, ist erstrebenswert für Birgit Kleinert. "Doch mir gehen nicht permanent Prozentpunkte durch den Kopf." Frauen, die sie als "Sorgenkinder" einstuft, in Arbeit zu bringen, schon mehr. Ihrer Meinung muss da die Politik weiter wirken und die Rahmenbedingungen passgerechter für Frauen stricken. Sie weiß, wovon sie spricht. Ihre beiden Kinder sind 16 und zehn Jahre. "Unsere vierköpfige Familie stemmt alles alleine und das ist oft nicht einfach", gibt sie zu.
Ausgleich zum Job und zur Hausfrauenarbeit in einem Eigenheim im Saalkreis findet Birgit Kleinert beim Sport. "Auch wenn man es nicht sieht", sagt die Frohnatur herzlich lachend in Anspielung auf ein, zwei Pfunde zu viel. Zweimal im Jahr gehe es an die Ostsee. Ein Stück Natur hat sie in ihr neues Arbeitszimmer mitgebracht: Im Fensterbrett stehen weiße Steine von der Küste. Ihr Anblick beruhige, ist sie sich sicher.