Vom Kinofilm zur Gabelstaplerfahrer Vom Kinofilm zur Gabelstaplerfahrer: Kabarettist Marco Schiedt sattelt wegen Corona um

Weissenfels - Das Leben hält mitunter die größten Überraschungen bereit. Der Weißenfelser Schauspieler und Kabarettist Marco Schiedt ist gerade dabei, in Osterfeld eben diese Erfahrung zu machen.
Corona trifft Freiberufler: Marco Schiedt fährt Europaletten durch ein riesiges Lager
Noch Anfang März brachte der 56-Jährige zusammen mit Gisa Jürcke vom Ensemble des Geraer Kabaretts „Fettnäppchen“ sein Publikum mit dem Programm „Mein Männlein steht im Walde“ zum Lachen. Sechs Wochen später gibt es ein paar weniger Gründe zum Lachen - und Marco Schiedt fährt Europaletten durch ein riesiges Lager.
Wie so viele andere hat die Virus-Krise auch den Freiberufler voll getroffen. „Mein Terminkalender war bis Sommer gut gefüllt“, sagt er. Schiedt, der im vergangenen Jahr seine erste Rolle in einem Kinofilm hatte, steckte voller Pläne:
Auftritte mit dem „Fettnäppchen“, ein gemeinsames Programm mit Gisela Brand, der langjährigen Chefin des Kabaretts „Die Arche“ in Erfurt, Auftritt in Dresden mit einem Soloprogramm zu Ehren des Kabarettisten und Schauspielers Olaf Böhme. Doch dann wurde für den Weißenfelser alles anders. Live-Kultur liegt auf Eis.
Schauspieler will nicht Zuhause rumsitzen - er sattelt um
„Ich habe mir gedacht: Irgendetwas muss ich machen. Ich kann nicht nur zu Hause rumsitzen“, erinnert sich Schiedt an die ersten Tage der Krise. Für eine Tätigkeit in der Pflege fühlt er sich mental nicht geeignet. Zuerst erkundigte sich Schiedt in Einkaufsmärkten, ob sie denn Aushilfen brauchen.
Fehlanzeige. Irgendwann fiel ihm an der Autobahn in Osterfeld das Zentrallager eines großen Lebensmittelhändlers auf. Nach einer ersten Absage ohne Begründung ließ Schiedt nicht locker. Und siehe da: Nach einem persönlichen Einstellungsgespräch hielt er einen bis November befristeten Arbeitsvertrag in der Hand.
Und so arbeitet der freiberufliche Schauspieler seit 25. März in drei Schichten vor allem im Leergutbereich. Die notwendigen Kenntnisse für den Transport des Leerguts durch das riesige Gelände hat er sich schnell angeeignet. Für die Frühschicht steigt Schiedt nun um 4.45 Uhr aus den Federn. „Das halt’ ich schon aus“, sagt der Kabarettist, dem beruflich bislang eher die Abendstunden gehörten. Und er gibt zu: „In der ersten Woche war ich nach der Schicht fix und fertig.“
„Ich hätte schon wieder Lust auf Kabarett“
Die Arbeit verlange einem einiges ab: acht Stunden höchste Konzentration, die meiste Zeit im Stehen. „Ich bin mir dafür nicht zu schade“, sagt Schiedt. Und er weiß, dass viele Berufskollegen in diesen Wochen der Krise ebenfalls vor großen Herausforderungen stehen. „Vielleicht kann ich ja dem einen oder anderen mit meinem Beispiel ein wenig Mut machen“, denkt er.
Dabei richtet der Weißenfelser den Blick natürlich auch nach vorn. „Ich hätte schon wieder Lust auf Kabarett“, gibt er zu. Und egal, wann es soweit sein wird, eines weiß Marco Schiedt schon heute ganz genau: Im nächsten Programm fällt kein Wort zu Corona.