Vierjähriger leidet an seltener Tumorerkrankung Vierjähriger leidet an seltener Tumorerkrankung: Ein Fest ohne Weihnachtsmann

Weissenfels - „Hallo, ich bin der Noah“, beginnt ein Brief, den die Eltern der Integra-Kita von dem vierjährigen Noah Wünsch aus Weißenfels erhalten haben. Darin erklärt der Junge, warum er so ist, wie er ist. Er ist ein kleiner blonder Junge, der viel lacht, sehr aufgeweckt ist und gerne Fußball mit seinen Eltern spielt. Oft hat er aber epileptische Anfälle, schubst seine Kindergartenfreunde und schreit vor Wut und Unverständnis herum, denn der Kleine ist krank. Vermutlich bereits seit seiner Geburt leidet Noah an der unheilbaren genetischen Erkrankung Tuberöse Sklerose Complex (TSC).
Ein Brief schafft Verständnis
Gerade sein auffälliges Verhalten ist in der Kita oft ein Problem gewesen. „Schubsen und Wutanfälle sind typisch für Noah, aber er meint das nie böse“, berichtet Vater Jan Wünsch. Dennoch hat der Kleine oft auf andere den Eindruck gemacht, als sei er ein unerzogenes Kind, das seinen Eltern beim Anziehen der Jacke schon mal eine Ohrfeige gibt. „Wir wollten es eigentlich nicht an die große Glocke hängen, aber dann haben wir uns entschieden, die Eltern der Kita zu informieren“, erzählt Noahs Mutter Susann Wünsch. Deshalb haben beide den Brief in Noahs Namen verfasst. Denn er selbst kann sich nur schlecht artikulieren. Seither ist das Verständnis der anderen gewachsen und der Umgang hat sich verbessert. „Es hat uns gefreut, dass wir positive Resonanzen auf den Brief erhalten haben“, sagt die Mutter erfreut. Der Brief schiebt die Umstände nicht fort, aber schafft Verständnis.
Geistig eher ein Einjähriger
„Dass etwas mit unserem Noah nicht stimmt, haben wir schon sehr zeitig bemerkt, aber lange Zeit haben wir nicht gewusst, was genau es ist“, erzählt der Vater des Jungen. Nach verschiedenen Untersuchungen bei unterschiedlichen Ärzten hat das MRT eine Antwort geliefert. Bei Noah wachsen Tumore im Kopf. Diese sind klein und gutartig, sitzen aber in dem Teil des Gehirns, der das Verhalten, die Motorik und die Sprachentwicklung steuert. „Unser Noah sieht zwar aus wie ein Vierjähriger, ist aber geistig eher ein Einjähriger“, erklärt die 29-Jährige. Ob Noah ein Geschwisterchen bekommt, bleibt vorerst abhängig von der Auswertung der ausstehenden genetischen Tests. In beiden Familien hat es eine ähnliche Krankheit vorher noch nicht gegeben. Bis jetzt ist die Krankheit nur klinisch diagnostiziert worden.
Austausch in Selbsthilfegruppe tut gut
Der Vierjährige überrascht aber auch die Ärzteschaft. Obwohl niemand angenommen hätte, dass er jemals richtig laufen könnte, hat er es in sechs Wochen Reha in Kreischa gelernt. Nun trägt er kleine Orthesen, die ihm das Gehen erleichtern. Über diese kleinen Schritte ins Leben freuen sich die Eltern besonders. Um aber mit dem ungewissen Schicksal ihres Jungens zurecht zu kommen, fährt die Familie zu Treffen von Selbsthilfegruppen in Magdeburg oder in Jena. Dort haben sie andere an TSC-Erkrankte getroffen. Manche sind gerade beim Studium, andere sind zudem körperlich und geistig behindert. Zu ihnen besteht auch Kontakt über die sozialen Medien. „Der Austausch ist einfach wichtig und tut uns allen gut“, sagt der junge Vater überzeugt.
Fest ohne Weihnachtsmann
Beklagen wollen sich die Wünschs niemals. „Jeder, der Kinder hat, kennt doch die Momente, an denen die Kraft fehlt und man dann doch weitermacht“, sagt der 31-Jährige. Auf die Unterstützung der Familie können sie in jeder Situation zählen. Ihr Junge ist eben anders und braucht seine gewohnte Umgebung und Rituale. Darauf haben sie sich alle eingestellt. „Aus diesem Grund verzichten wir dieses Jahr auch auf den ganzen Weihnachtstrubel samt Baum und Weihnachtsmann“, berichtet die Mutter lächelnd. Was Noah eben nicht kennt, bringt ihn aus seinem Konzept und regt ihn auf. Daheim hat die Familie daher nur ganz wenig geschmückt, doch der Mann mit dem weißen Rauschebart muss draußen bleiben. Der Weihnachtsmann ist Noah einfach zu suspekt. (mz)